Alice Academy - Medley von Fabala (Songfic mit "Phantom der Oper" - Texten) ================================================================================ Prolog: Ouvertüre ----------------- Es schneite. Es schneite immer noch, obwohl es schon auf den April zuging. Aber der machte ja bekanntlich immer, was er will. Luca ging in den Nordwald. Er durfte nicht dorthin, das wusste er, aber wer scherte sich schon um Regeln? ,Ich liebe Mikan...', dachte er. ,Ich liebe sie.' Aber das ging doch nicht. Natsume war verliebt in Mikan und der war doch sein bester Freund. Natsume gab es nie zu. Er würde es auch nie zugeben. Aber Luca wusste es. Er fühlte es einfach. Das war alles so schwer. Er hasste sich selbst und seine Gefühle. Dass es die Liebe überhaupt gab. "Liebe ist so was von blöd!", rief er und verscheuchte damit ein paar seiner Freunde, die sich ihm vorsichtig genähert hatten. Er lief unruhig durch die Gegend. Wenigstens hatte er mal ein bisschen Zeit für sich. Sie immer mit ihr und Natsume zu verbringen, war ja noch schlimmer. Wütend schlug er gegen einen Baum. Warum war das so kompliziert? Durch seinen Schlag fiel eine Schneelawine auf ihn herab und für kurze Zeit konnte er nichts mehr sehen. Als der Schnee soweit verweht war, dass man wieder etwas sehen konnte, blickten Luca zwei große, grüne Augen an. "Hey", sagte das Mädchen, das ihm gegenüberstand, ein wenig erschrocken. Luca starrte sie verwirrt an. Seit wann war sie schon da? Und wer war dieses Mädchen überhaupt? Sie war hübsch, nicht unbedingt Durchschnitt (= blonde Haare, blaue Augen usw.), aber doch hübsch. Mittellanges, rotes Haar, das in seidigen Locken herabfiel, umrahmte ihr Gesicht, das einen sehr hellen Hautton hatte. Ihre Augenwaren grün, mit einem Stich blau und glitzerten, auf den ersten Blick fröhlich, aber in gewisser Weise konnte man erkennen, dass sie versuchte, ihre wahren Gefühle zu verbergen. Es war seltsam, aber Luca konnte es fühlen. Ob das ihr Alice war? "Hast du ein Alice?", fragte er sie nun. Sie nickte. "Sonst wäre ich wohl nicht hier. Ihm fiel auf, dass sie eine gewisse Ähnlichkeit mit Mikan hatte. Aber nur ein kleines bisschen. Mikan war natürlich viel hübscher. "Hast du ein Problem?", fragte sie. Er antwortete nicht. Es gab doch keinen Grund, mit diesem wildfremden Mädchen über seine Probleme zu reden. "Liebeskummer?", hakte sie weiter nach. Hallo? Was bildete sie sich ein? Dass sie für jeden Menschen, den sie gar nicht kannte, die Kummerkastentante spielen konnte? Er wollte ihr ins Gesicht brüllen, dass sie ihn in Ruhe lassen solle und dass es sie nichts angehe, aber er konnte nicht. Sie sah einfach zu verletzlich aus, mit dieser Haut, die dem Schnee, der auf ihren Haaren lag, vom Farbton her ziemlich glich. Wie eine Porzellanpuppe. Sie war ein ganzes Stück kleiner als er und auch dünner. Alles an ihr sah zerbrechlich aus. Und deshalb verbat er sich selbst, gemein zu ihr zu sein und sagte nur: "Der Nordwald ist verboten für Kinder mit Alice." Dann rannte er weg. Und jetzt wusste er immer noch nicht, wer sie eigentlich war. Eine Woche später wusste er es. Sie hieß Ruri Saeki und war neu in der Klasse. Sie machte ein großes Geheimnis um ihre Herkunft und um ihr Alice. In der Klasse ging das Gerücht um, sie käme aus Amerika. Aber danach sah sie eigentlich gar nicht aus und sie sprach auch nicht so. Ruri war bei den Mädchen in der Klasse weder beliebt, noch unbeliebt. Jedenfalls hatte sie sich nicht solche Feinde gemacht wie Mikan am Anfang. Mit einem Mädchen, Maron, verstand sie sich wohl besonders gut. Luca interessierte sich eigentlich schon für Ruri, aber mit ihr reden wollte er auch nicht. Sie hatte ja nichts Besonderes an sich, warum also sollte er dann mit ihr reden? Natsume und Mikan würden bestimmt blöde Fragen stellen und Hotaru würde am schlimmsten sein. Also ignorierte er sie erst mal für eine Weile. Wenn er ihr nicht begegnet wäre, dann hätte er sie wahrscheinlich eh nicht beachtet. Und nun würde sie bestimmt keine Rolle mehr spielen. Oder? Kapitel 1: Denk an mich ----------------------- Ich hoffe, ich darf das mit Credits zitieren... *grübel* Ach ja und ich weiß, dass es bei AS eine Ruri SaIki gibt, aber die hat nichts mit der hier zu tun *g* Ich hab das leider zu spät bemerkt *rotwerd* --- "Denk an mich Denk an mich zärtlich Wie an einen Traum Erinn're dich, keine Macht trennt uns, außer Zeit und Raum" - Christine, Denk an mich Und wirklich, eine Zeit lang war diese Ruri wirklich unsichtbar für ihn. Auch über Mikan dachte er nicht so viel nach. Denn Natsumes Zustand war im Moment nicht besonders gut. Luca machte sich große Sorgen um ihn. "Persona ist viel zu hart zu dir", meinte er einmal. "Als ob das was Neues wäre", hatte Natsume gereizt geantwortet. Er wollte einfach kein Mitleid, aber Luca war mehrfach kurz davor, ihn einfach in den Arm zu nehmen. Natsume wirkte gar nicht mehr so gefährlich wie früher und er war sogar zu schwach, um so stark gegen die Schule zu rebellieren. Er wirkte schwach und verletzlich, nicht auf die anderen, aber auf Luca. Und er hatte Angst um ihn. Im Gegenteil zu Luca dachte Ruri oft an ihn. Sie sprach ihn nicht oft an und wenn, dann antwortete er meistens nicht. Aber durch ihr Alice wusste sie eine ganze Menge über ihn. Denn sie hatte ein "Gefühls-Alice", wie sie es nannte. Es gab einfach keine Beschreibung dafür. Zum einen konnte sie sehen, was die Menschen in ihrem Umfeld für Gefühle hatten. oder nein, sie fühlte es! Gut, sie konnte nicht Gedanken lesen und wusste auch nicht, wer oder was diese Gefühle auslöste, aber mit ein bisschen Menschenkenntnis wusste man es dann auch so. Aber ihr Alice hatte auch eine andere Wirkung, und die mochte Ruri eigentlich gar nicht. Sie konnte nämlich ihre Gefühle auch mit anderen teilen. Sie konnte andere das fühlen lassen, was sie selbst fühlte. Ihren Schmerz, ihre Traurigkeit, ihre Ängste... Und das wollte sie nicht. Aber leider konnte sie ausgerechnet das noch nicht richtig kontrollieren. Wenn sie überrascht wurde, oder wenn sie einfach nur starke Gefühle hatte, dann bekamen das die anderen zu spüren. Deshalb hatte sie sich früher oft zurückgezogen, besonders, wenn sie sehr traurig oder wütend war. Das war auch das Hauptproblem. Ruri hatte ja nichts dagegen, ihre Freude mit jemandem zu teilen. Aber wenn sie zum Beispiel verletzt war, starke Schmerzen empfand, und dann jemanden ansah, dann tat das diesem Jemand nicht nur weh; es war gefährlich für sie: Wenn sie keine Schmerzen empfand, wie sollte sie dann spüren, dass sie verblutete oder sich etwas gebrochen hatte? Nein, mit diesem Teil von ihrem Alice kam sie gar nicht klar. Sie fand Luca wirklich niedlich. Er war zwar nicht gerade nett, aber wahrscheinlich versuchte er nur, über seine wirklichen Gefühle hinwegzutäuschen. Ruri brauchte noch nicht mal ihr Alice, um zu sehen, dass er großen Liebeskummer hatte. Der hing bestimmt mit Mikan Sakura zusammen, dem Mädchen, das er ach so oft ansah, wenn er dachte, niemand verfolge seine Blicke. Lucas bester Freund, Natsume, der Klassenrowdy, schien wohl auch etwas für jemanden zu empfinden, allerdings konnte Ruri beim besten Willen nicht herausfinden, wer es war und ob dieses Gefühl Liebe war? Dazu fühlte er einfach nicht stark genug. Aber am wahrscheinlichsten war es, dass auch Natsume in Mikan verliebt war, denn weshalb sollte Luca sonst so unglücklich sein? Es gab ja nicht viele andere Gründe. Natsume und Luca waren die beliebtesten Jungs der Klasse. Die Gründe dafür kannte Ruri nur sehr vage. Sie wusste, dass Natsume das mächtige Feuer-Alice hatte. Lucas kannte sie nicht. Aber das Alice musste doch nicht automatisch bedeuten, dass man ihn bewunderte... Die beiden sahen ja auch ganz gut aus, aber auch nicht überdurchschnittlich. Natsume hatte schwarze Haare und braune Augen und er trug Ohrringe. Durch seine harten Gesichtszüge wirkte er älter, als er war und er verkörperte nicht gerade das, was man als sympathisch ansah. Er redete nicht viel und wenn, dann war es meist nichts Nettes. Eigentlich sogar nie. Aber Ruri war davon überzeugt, dass sich unter dieser harten Schale ein weicher Kern verbarg. Luca war das Gegenteil von Natsume, zumindest vom Aussehen her. Er hatte blonde Haare, blaue Augen und eher weiche Gesichtszüge. Und auch, wenn er oft so tat, als würde er genauso hart sein wie Natsume, konnte man von seinen Augen doch etwas Anderes ablesen. Er war eigentlich sehr sanftmütig und liebenswürdig. Aber etwas in ihm schien zu sagen, "Wenn du nicht lachst, Natsume, dann lache ich auch nicht. Wenn du nicht weinst, weine ich auch nicht. Wenn du nicht redest, rede ich auch nicht." Aber warum war Natsume überhaupt so? Fragen über Frage... Seit sie auf dieser Alice Academy war, kam Ruri aus dem Grübeln gar nicht mehr heraus. Und seit kurzem gab es noch einen weiteren Grund, der sie nicht ruhig schlafen ließ: Beim nächsten Schulfest (an dieser Schule wurde alles mögliche gefeiert, wie sie nach kurzer Zeit schon herausgefunden hatte) würde sie singen. Alleine. Vor allen Schülern der Grundschule. Wenigstens nicht vor der ganzen Academy, aber das war nur ein schwacher Trost. Man hatte bei ihr ein erstaunliches Gesangstalent festgestellt, als sie im Unterricht gedankenverloren einfach vor sich hingeträllert hatte. Und Narumi-sensei, der Klassenlehrer, war so begeistert, dass er sofort ein Lied herausgesucht hatte. Es war sehr schön und leicht zu singen, selbst für jemanden, dessen Stimmvolumen nicht so groß war, wie ihres. Und Ruri war sehr überrascht, dass ein Japaner es kannte. Sie selbst hatte das Lied schon lange gekannt. Aber sie war so nervös. Was, wenn sie sich trotz des einfachen Liedes versingen würde? Dann würde sie vor Scham sterben! Und was würde Luca denken? ,Luca? Warum denke ich immerzu an ihn?', fragte sie sich verwirrt. ,Oh mein Gott! Bin ich etwa in ihn verliebt?' Maron war Ruris beste Freundin. Die beiden hatten sich gesucht und gefunden. Es war wie Freundschaft auf den ersten Blick. Wenn es Liebe auf den ersten Blick gab, dann musste es so was doch auch geben. Maron hatte alles, was sie nicht hatte. Maron war hübsch, sie hatte kurzes, krauses, schwarzes Haar und dunkle Augen, mit einem Farbton zwischen braun und grau. Und sie hatte einen gesunden Hautton, nicht so weiße Haut, wie Ruri selbst. Maron war freundlich und wenn sie mit ihr redete, wurde ihr warm ums Herz. Ruri hatte vorher nie eine besonders gute Freundin gehabt und sie hoffte, dass Maron ihre Freundschaft genauso empfand, wie sie selbst. Das Einzige an Maron, was ihr nicht so gut gefiel, war dass sie so dünn war. Es sah nicht wirklich gesund aus, aber es lag daran, dass sie unglaublich viel Sport betrieb. Am häufigsten spielte sie Tennis. Damit verbrachte sie mindestens die Hälfte ihrer Freizeit. Ruri erzählte ihr wirklich viel, aber das mit Luca erzählte sie nicht. Sie war zwar ihre beste Freundin, aber solange sie sich nicht selbst sicher war, dass sie in ihn verliebt war, wollte sie Maron auch nichts davon sagen. ,Ob er wohl auch mal an mich denkt? Mich überhaupt beachtet? Bitte denk mal drüber nach, Luca. Bitte, denk an mich!' Kapitel 2: Engel der Lieder --------------------------- Der Liedtext ist sooo schrecklich!!! Ich hätte ihn gern auf Englisch geschrieben, aber das geht (noch) nicht T_T ---- "Engel der Lieder Führ' und leit' mich Dann wird mein Weg klar sein Engel der Lieder Hier, nur zeig' dich Lass' diesen Traum wahr sein" - Christine und Meg, Engel der Lieder Wahnsinn, wie schnell vier Wochen vergangen waren. Ruri hatte seit einem Monat bestimmt drei Stunden täglich gesungen. Sie konnte das Lied vorwärts und rückwärts singen und, traf jeden Ton im Schlaf und war insgesamt ziemlich sicher. Und Luca würde sie sehen und hören und sie einfach beachten müssen. Allein für ihn würde sie gut sein. Wenn nur diese Nervosität nicht wäre... Warum wurde an dieser Schule bloß so viel gefeiert? Luca wusste gar nicht, was sie eigentlich feierten. Aber anscheinend gab es irgendwas, weshalb sie eine Bühnenshow aufführten. Zum Glück keinen Tanz. Der letzte Tanzabend hatte ja in einem Desaster geendet. Also, zum Glück nur im Publikum sitzen. "Hey, Natsume, Luca", rief Sumire Shoda, die Plätze in der ersten Reihe freihielt. Aber die beiden würdigten das schwarzhaarige Mädchen keines Blickes und setzten sich zu Mikan und Hotaru ein paar Reihen weiter hinten. Hotaru ließ gerade eine Knuddelattacke von Mikan über sich ergehen. "Hey, ihr zwei", begrüßte Mikan sie mit einem Lächeln. Luca fühlte sofort ein Kribbeln im Bauch. "Hey, Pünktchen!" Natsume ließ sich auf den Platz neben sie fallen. "Blödmann", knurrte Mikan. Bevor die beiden weiterstreiten konnten, gingen die Lautsprecher an und Narumi trat ans Mikrofon. Natsume schnaubte verächtlich. Er konnte Narumi nicht besonders gut leiden. Luca schenkte Narus Rede nicht besonders viel Aufmerksamkeit. Er ließ seinen Blick lieber zu Mikan herübergleiten. Sie sah sehr hübsch aus. Ausnahmsweise trug sie die Haare mal offen und damit sah sie ziemlich kawaii aus. Plötzlich blickte sie ihm genau in die Augen und überraschte ihn damit so, dass er gar nicht wegschauen konnte. "Was starrst du mich so an?", flüsterte sie ihm hinter Natsumes Rücken zu. "Du siehst... kawaii aus Solltest öfter offene Haare tragen." Das Ganze krönte er noch mit einem Lächeln. Mikan lief rot an und drehte sich schnell weg. "Ist was?", flüsterte Hotaru. Mikan schüttelte den Kopf und starrte wieder auf die Bühne. Auf so ein einfaches Kompliment reagierte sie so. Das war doch irgendwie schon seltsam... "He, Pünktchen, Luca hat recht", meinte jetzt Natsume. Aber ob er das sagte, um sie zu ärgern, oder ob er es wirklich ernst meinte, wusste Luca nicht genau. Mikan würdigte beide keines Blickes mehr. "Wir haben festgestellt, dass es hier an unserer Schule eine wirklich tolle Sängerin", sagte Naru jetzt. "Und ihr sollt alle teil an ihrem Talent haben!" "Ich glaub', mir wird schlecht", murmelte Natsume. Wie konnte man nur so fröhlich wie Naru sein? Aber so war es immer, nach einiger Zeit hört man ihm doch zu. Doch endlich ging der Lehrer zur Seite, nach diesem ellenlangen Vortrag, und machte Platz für... "Ruri Saeki". "Wer?", fragte Natsume gelangweilt. "Baka! Unsere neue Mitschülerin", antwortete Mikan. "Sie sieht hübsch aus..." Luca schaute auf die Bühne. Mikan hatte recht. Diese Ruri sah wirklich hübsch aus. Sie hatte die Haare mit zwei Klammern in Form von Schmetterlingen hochgesteckt, was sie locker zwei Jahre älter aussehen ließ. Ihr Gesicht war fast so blass wie das einer Geisha. Aber es war sicher nicht geschminkt. Und als sie zu singen begann... Sie hatte eine Stimme wie ein Engel oder zumindest so, wie er sie sich vorstellte. Das Lied, das sie sang, hörte sich traurig an und er hatte das Gefühl, er kenne es irgendwoher... Ruri war schrecklich nervös. Sie hatte das Gefühl, jeden Moment ohnmächtig zu werden. Die ersten Töne kamen so zitterig aus ihrem Mund, dass sie glaubte, sie müsse jeden Moment ausgebuht werden, aber dann fing sie sich. Das Lied war traurig und sie versuchte, so viel Gefühl wie möglich in ihre Stimme zu legen. "Kind aus der Dunkelheit Treibend durch Raum und Zeit Dein Weg ist einsam Lern, im Dunkeln, ihn zu finden" Sie versuchte, nicht ins Publikum zu schauen, aber es gelang ihr nicht. "Wer schweigt und spricht mit dir? Wer teilt sein Licht mit dir? Dein Weg ist einsam Lern, an dich allein zu glauben" Luca fragte sich, wie eine Stimme gesungen so anders als gesprochen klingen konnte. Vielleicht hätte er Ruri etwas mehr Beachtung schenken sollen. Sie war ja eigentlich ganz sympathisch... "Von einer Hand, die deine berührt, darfst du niemals träumen Dein Herz bleibt dein Es schlägt für sich allein D'rum tanz mit der Einsamkeit Kind aus der Dunkelheit Dein Weg ist einsam Lerne dabei, gerne allein zu sein Dein Weg ist einsam Leb' diesen Weg Lieb' diesen Weg Allein" Endlich war es geschafft. Ruri atmete erleichtert auf. Sie hatte noch nie einen süßeren Klang als den von Applaus, ihrem Applaus in den Ohren gehabt. Es gab kein schöneres Gefühl, als zu wissen, dass dem Publikum ihr Gesang gefallen hatte. Früher hätte sie sich nie träumen lassen, dass das einmal passierte. Alle hatten ihr zugehört. Sie hatte es gesehen und war selbst überrascht gewesen. Selbst Luca hatte zugehört. Sie verbeugte sich und ging dann von der Bühne, nachdem sie sich noch einmal umgedreht hatte, um Luca zuzulächeln. Luca wurde rot. Aber warum, verdammt? Wegen ihr? Naja, immerhin würde sie bald ein Star sein. Ruri Saeki, beste Sängerin der Alice Academy... Aber trotzdem, er war doch in Mikan verliebt. Das würde sich auch nicht mehr ändern. Dachte er. Trotzdem hatte diese Ruri so eine warme, freundliche Ausstrahlung, fast wie Mikan, die ihn wünschen ließ, sie etwas näher kennen zu lernen. "Du findest sie süß, oder?", fragte Mikan auf dem Rückweg. "Wen?" Luca war leicht verwirrt. "Na, Ruri. Die Sängerin. Ich hab doch gesehen, wie du rot geworden bist!" Sie grinste ihn schelmisch an. Er errötete schon wieder. ,Verdammt, warum werd' ich immer gleich rot?', schalt er sich. Was sollte er denn jetzt antworten? Zugegeben, sie war süß, aber im Vergleich zu Mikan wieder nur halb so toll. Aber vielleicht konnte er Mikan ja eifersüchtig machen? Immerhin wusste er ja nicht, ob sie nicht vielleicht doch etwas für ihn empfand. Obwohl eigentlich klar war, dass das nicht der Fall sein konnte. "Ja, sie ist schon ziemlich niedlich." Aber Mikans Reaktion war nicht die, die er sich erhofft hatte. Sie lächelte. "Ihr würdet gut zusammen passen." Hey, so sollte sie aber gar nicht reagieren! Er war wirklich blöd gewesen. "Machst du Witze?", mischte sich Natsume jetzt ein. "An ihr ist doch nichts Besonderes. Luca ist viel zu gut für sie." "Schon gut", murmelte Luca. "Ich wüsste gerne, was sie für ein Alice hat", überlegte Hotaru, mit einem Reisbällchen im Mund, und wechselte damit grandios das Thema. Am nächsten Tag, nachdem sie von mindestens drei Leuten auf ihren wunderbaren Gesang angesprochen worden war, war Ruri endlich davon überzeugt, dass sie den anderen gefallen hatte. Denen waren ihre, zugegeben minimalen, Fehler nicht aufgefallen und sie waren hellauf begeistert. Wenn Luca doch nur auch etwas sagen würde. Er sollte nur einmal, einmal mit ihr reden. Ihr Wunsch erfüllte sich schneller, als sie gedacht hatte, denn bereits in der ersten Schulstunde (der Lehrer, der Narumi-sensei vertrat, hatte wie immer keine Kontrolle über die Klasse) kam er auf ihren Platz zu. "Saeki-san?" Sie blickte von ihrem Matheheft auf. "Ja?" Ihr Herz klopfte so laut, dass sie glaubt, alle müssten es hören. "Du hast... eh... wirklich gut gesungen..." Es schien ihm schwer zu fallen, so ein Kompliment auszusprechen. Aber trotzdem war dieses das Erste, das ihr wirklich etwas bedeutete und ihr das Gefühl gab, wirklich gut gewesen zu sein. "Du hast bis jetzt kaum ein Wort mit mir gesprochen", fing sie an. "warum jetzt?" Er schaute verlegen zu Boden. "Alles klar. Ich wette, ich bin jetzt so was wie beliebt." Sie konnte es selbst nicht glauben, aber es schien ja so. "Nein!", protestierte er. "Ich rede nur mit Leuten, die ich mag und es geht mir nicht darum, dass diese Leute beliebt sind." "Aha. Und warum magst du mich auf einmal?" "Das weiß ich doch selbst nicht. Tut mir leid, wenn ich ein bisschen nett zu dir sein wollte." Er drehte sich beleidigt um. "Nogi-san!" Toll, jetzt hatte sie es versaut. Aber Luca kam zurück, wenn sein "Was?" auch ziemlich unfreundlich klang. "Es tut mir leid... Ich bin ja froh, dass du mit mir redest. Weil... weil ich dich gerne besser kennen lernen würde..." Sie lächelte verlegen. "Klar... dann lass uns doch einfach treffen, okay? In der Pause?" Sie nickte heftig. "Ja! Aber... wird dein siamesischer Zwilling nichts dagegen haben?" Sie deutete mit dem Kopf auf Natsumes Platz, der noch leer war. ,Komisch', dachte sie. "Natsume hat nicht über mich zu bestimmen", erklärte er. "Es ist ihm egal, was ich mache und wir sind keine siamesischen Zwillinge!" Er ging wieder zurück und kramte ein Magazin aus der Tasche. Maron, die gerade an einem anderen Tisch mit ihrer Mitschülerin Nonoko geredet hatte, kam zurück und ließ sich neben Ruri fallen. "Hast du gerade mit Luca Nogi geredet?" Ruri nickte und versuchte, sich wieder auf ihre Matheaufgaben zu konzentrieren. Bei Jinno-sensei hatte man besser seine Hausaufgaben. "Und?" "Was und?" "Was habt ihr geredet?" Nichts Besonderes." "Tzz... Tu doch nicht so geheimnisvoll." Sie wartete eine Antwort ab, aber Ruri schwieg beharrlich. "Na gut... Ich hab' nachher ein Tennismatch." "Okay." Das kam ganz gelegen. So würde Maron nichts von dem Treffen mit Luca mitkriegen und sie sollte auch noch nicht wissen, dass Ruri auf dem besten Wege war, sich in ihn zu verlieben. Vielleicht würde sie es ihr später erzählen... "Hey..." Sie schaute Luca unsicher an. Er schien irgendwie besorgt. "Was ist los?" "Ich mache mir Sorgen um Natsume." Die beiden liefen ein wenig über das Gelände der Academy. "Was ist denn mit ihm?" "Naja, Natsume hat das Feueralice", erklärte er. "Das ist ziemlich gefährlich. Und wenn er etwas zerstört, dann wird er bestraft. Soweit ist das ja auch noch richtig. Aber er wird manchmal grundlos bestraft. Und viel zu hart. Dazu kommt, dass er ständig gefährliche Missionen erfüllen muss. Das ist nicht fair!" Deshalb kam Natsume also so oft mit blauen Flecken und Schrammen zur Schule. Und deshalb trug er auch immer die Katzenmaske, deren Wirkung ihr Maron erklärt hatte. "Der Arme", murmelte Ruri. Diese Schule war schon ziemlich gewöhnungsbedürftig. Eine Weile lang schwiegen sich die beiden nur an, dann fragte Ruri: "Du bist wohl sehr gut mit Natsume befreundet, was?" "Ja, er ist mein allerbester Freund." "Ich hätte auch gerne so einen guten Freund. Oder eine Freundin. Ich hab' es mir früher so gewünscht." Sie schloss die Augen und atmete die frische Luft tief ein. "Naja... Wir könnten ja Freunde sein..." Er klang etwas unsicher. "Wirklich?" Sie schlug die Augen wieder auf und schaute ihm direkt in die Augen, um zu sehen, ob er die Wahrheit sagte. "Okay, also, Freunde?" Sie hielt ihm die Hand hin. "Freunde." Er nahm sie und Ruri hoffte, er spürte ihr Zittern nicht. Und er lächelte. Sie sah ihn zum ersten Mal lächeln. ---- Tut mir übrigens aufrichtig leid, wenn ich die Beziehung von Luca und Natsume nicht richtig beschrieben hab. Ich kenn mich da noch net so gut aus ^^" Kapitel 3: Musik der Nacht -------------------------- Oh mann... Ich bin einfach unverbesserlich^^ Es gibt keine FF von mir, die nicht irgendeinen Bezug auf Phantom der Oper hat, aber diese ist ja sogar nach den Lieder entstanden!!! Ich bin verrückt! Ich mag dieses Kapitel ganz und gar nicht, aber DoReMi scheint es ja gefallen zu haben, also schreibe ich es nicht mehr um^^ --- "Wenn die Nacht kommt Wird die Sehnsucht klarer Alle Träume Sind im Dunkeln wahrer Frei von Ängsten steigen Gefühle aus dem Schweigen" - Phantom, Musik der Nacht Die Zeit verging schnell. Ruri wusste, was Natsume über die Schule dachte, aber sie konnte es ihm nicht nachempfinden. Naja, sie hatte ja auch nicht die Probleme, die er hatte. Ruri erlebte dort jedenfalls im Moment die schönste Zeit ihres Lebens. Sie hatte sich nie wirklich dazugehörig gefühlt. Diese "Gabe" stand immer zwischen ihr und den anderen Kindern. Und in den zwei Jahren, die sie in Amerika verbracht hatte, kam auch noch das Sprachproblem dazu. Sie hatte kein Wort Englisch gekonnt. Aber der Job ihres Vaters hatte es nun mal erfordert. Der springende Punkt war jedenfalls, dass sie nie Freunde gehabt hatte. Und jetzt waren alle so nett zu ihr und sie hatte auf einen Schlag so viele Freunde gefunden. Maron, die zweifelsohne ihre beste Freundin war, und Mikan, die auch immer so lieb war. Und Luca... mit Luca verstand sie sich auf einer anderen Ebene viel besser. Sie konnte mit ihm über so vieles reden. Er war zwar nicht immer so nett zu ihr, aber sie mochte ihn so unheimlich gern und sie akzeptierte seine Launen. Sie akzeptierte alles an ihm. Ja, sie liebte ihn, da war sie sich ziemlich sicher. Natürlich nicht auf die Art, auf die ihre Mutter ihren Vater liebte, das wusste sie, aber auf ihre eigene Art, auf die eines elfjährigen Mädchens liebte sie Luca. Mit jedem Wort, das er mit ihr sprach und mit jedem Blick, den er ihr zuwarf, fühlte sie es stärker. Er schien sie auch zu mögen, vielleicht auf eine andere Art, als sie selbst. Aber auf jeden Fall empfand er Zuneigung für sie. Sie wollte ihr Alice nicht benutzen, aber wenn man doch schon die Möglichkeit hatte, dann war man eben doch zu neugierig. Ein paar Mal hatte er gelächelt und er hatte ihr auch sein Alice, Tierpheromone, verraten, obwohl es ihm anscheinend ganz schön peinlich war. Er liebte die Tiere, wie sie selbst auch, und das war noch ein Grund mehr, warum sie ihn so sehr mochte. Kurz und gut, Ruri war glücklich. Wenn sie nur nicht diese Gefühle für Luca empfunden hätte, diese nicht erwiderten Gefühle. Dann wäre sie erst wirklich glücklich gewesen. Aber für's Erste war diese einseitige Liebe genug für sie. "He, Ruri!" Maron kam aufgeregt auf sie zugelaufen. "Mudo-sensei schickt nach dir. Er klang ziemlich nervös." Ruri stöhnte. Mudo war ihr Gesangslehrer und sein Name war Programm. Er wurde immer sofort nervös, wenn etwas nicht ganz glatt lief und er war oft ziemlich verwirrt und zerstreut. Außerdem hatte sie gerade Schule aus und war eigentlich mit Mikan verabredet. Es war so ein schöner Tag und sie hatte gar keine Lust, ihn drinnen zu verbringen. Aber dann würde Mudo-sensei ihr sofort den Gesangsunterricht kündigen und sie hatte Narumi-sensei doch versprochen, auf seinem Geburtstag zu singen. Sie seufzte tief und bat Maron dann: "Könntest du bitte Mikan sagen, dass wir uns in zwei Stunden treffen? Am verabredeten Treffpunkt!" Maron nickte. "Danke, Mari-chan." Dann rannte sie schnell zum Probenraum. Er lag abseits vom Schulgebäude in einem wunderschönen, kleinen Häuschen. Das Dach war mit kleinen roten Ziegeln bedeckt und die Mauern waren weiß gestrichen. Es war die Art Haus, in der sie als Kind gerne gelebt hätte. Sie trat ein und freute sich, dass das Sonnenlicht den Raum wenigstens erreichte, sodass sie von dem schönen Wetter draußen auch etwas hatte. "Hallo, Ruri-chan!", wurde sie überschwänglich begrüßt. "Nanu, Sie sind ja heute gut gelaunt", stellte sie fest. "Jaaa, ich habe eine gute Nachricht für dich. Du darfst dir das Lied, welches du auf Narumis Geburtstag singst, selbst aussuchen. Keiner bestimmt für dich." Er strahlte. "Und warum freuen Sie sich dann so darüber?" Sie hätte sich schließlich theoretisch auch etwas vom härtesten Rock aussuchen können. Und der gefiel Mudo-sensei ganz sicher nicht, dem Klassik-liebenden Mudo-sensei. "Du hast doch einen guten Musikgeschmack." "Sicher... darf ich auch etwas Englisches singen?" Er sah sie überrascht an. Englisch war ihm eigentlich zuwider. "Ja... ich habe doch zwei Jahre in den USA gelebt." Wurde so etwas den Lehrern nicht erzählt? "Ach ja... ich hatte ja so etwas gehört..." Sie nickte. "Also, darf ich?" Sie sah ihn erwartungsvoll an. "Also gut", seufzte Mudo-sensei, als trauere er den Traditionen hinterher. "Und jetzt sing dich mal ein." Zwei Stunden später rannte sie, so schnell sie konnte zum verabredeten Treffen mit Mikan. Auf dem Campus der Academy gab es viele, viele Bäume, aber einer war Mikans Lieblingsbaum. Er sah nicht anders aus als die anderen, aber für sie erschien er wohl größer, schöner und grüner als alle anderen zusammen. An diesem Baum, dem sie sogar einen Namen, Kisu, gegeben hatte, trafen sie und Ruri sich immer. Ruri spürte, dass an diesem Baum etwas Besonders passiert war, etwas, das für Mikan ein schönes Erlebnis war. Und irgendwann würde sie auch herausfinden, was! "Hi", begrüßte sie Mikan und Hotaru, die, wie fast immer, bei ihr war. Die beiden waren keine Freunde, sie waren siamesische Zwillinge! Das Problem war, dass Ruri Mikan nie etwas über Luca oder Natsume fragen konnte, weil sie in Gegenwart von Hotaru sowieso nichts von ihrer Beziehung zu den beiden erzählen würde. Die drei setzten sich ins Gras und es war offensichtlich, dass Hotaru nicht so nah bei Mikan sitzen wollte wie Mikan es sich wünschte. Sonnenstrahlen fielen durch die lichte Baumkrone und Ruri genoss die Wärme. Sie liebte den Frühling, wenn alles aufblühte, und sie hasste den Winter, den kalten Winter und den Sommer, weil die Sonne ihre Haut dann immer verbrannte. Sie schaute sich Mikan aufmerksam an. Kein Wunder, dass Luca in Mikan verliebt war und nicht in sie. Mikan war ja auch viel hübscher und ihre Augen schienen viel freundlicher als ihre eigenen. "Tja... ähm... warum wollten wir uns eigentlich treffen?" "Naja, wir haben eine Frage an dich", antwortete Mikan und schaute sie neugierig an. "Wir haben da so ein Gerücht gehört und..." "Kommst du aus Amerika?", unterbrach Hotaru sie. Mikan hätte ja noch Stunden für diese Frage gebraucht. "Nein", Ruri schüttelte den Kopf. "ich habe nur dort gelebt. Zwei Jahre." "Cool! Kannst du auch Englisch reden?" Mikan war richtig begeistert. "Klar... ein bisschen..." Ruris Wangen färbten sich leicht rosa. Was war denn so besonders daran? "Toll." Horatu stand auf und ging weg. Ohne ein Wort zu sagen oder sich zu verabschieden. "Was hat sie denn auf einmal?", fragte Ruri verwundert. "Ach, sie muss noch zu so einer Versammlung. Sie ist ja so engagiert in allem. Meine Hotaru..." Oh weia, Mikan bewunderte Hotaru ja wirklich sehr. Aber jetzt, wo diese endlich mal weg war, konnte sie doch das fragen, was sie schon so lang von Mikan wissen wollte. "Sag mal... was hältst du eigentlich von Luca und Natsume? Magst du sie?" Mikan wurde knallrot. "Hat dir wer was erzählt?", rief sie, hektisch mit den Händen herumwedelnd. "Hä? Nein." Was meinte sie damit? Mikan atmete erleichtert auf. "Was ist denn jetzt?" "Naja... Luca mag ich eigentlich ganz gern. Er ist ein guter Freund... und Natsume, der ist bloß ein Vollidiot!" Sehr überzeugend klang das aber in Ruris Ohren nicht. "Okay... und was denkst du wirklich? Du kannst doch nicht immer mit den gleichen Argumenten kommen. Ich weiß, dass das nicht stimmt. Du kennst doch mein Alice." "Aber ich... ich rede noch nicht mal mit Hotaru über so was." "Na dann" Ruri lächelte. "Dann rede eben mit mir. Hey, Hotaru ist deine beste Freundin. Es ist klar, dass man über so was nicht mit seiner besten Freundin redet. Das ist bei mir ganz genauso", tröstete sie Mikan und dachte dabei an sich und Maron. Es war absolut dasselbe. "Also, was fühlst du?" Starr blickte Mikan vor sich auf den Boden. Dort wuchs eine kleine rosafarbene Blume, die wohl jemand mit einem Pflanzenalice dorthin gesetzt hatte. Sie hatte die Form von einem Herzen. "Sie haben mich geküsst. Beide. Luca hat mich auf die Wange geküsst und Natsume auf den Mund." "Naja, das war zwar nicht meine Frage, aber ist ja egal. Kannst du dir vorstellen, warum sie das getan haben?" "Naja, Natsume meinte, er müsse mir zeigen, was ein richtiger Kuss ist, weil..." Sie spielte verlegen mit ihren Zöpfen. "... vorher, da haben sich unsere Lippen versehentlich berührt und dann... naja..." "Okay. Und was ist mit Lucas Kuss? Warum hat er dich geküsst?" "Ich weiß nicht... ich habe keine Ahnung!" Ruri seufzte. "Gott, du bist wirklich naiv." Sie lehnte sich gegen den Baumstamm. Wahrscheinlich war Mikan wirklich davon überzeugt, dass Luca nicht in sie verliebt war. "Aber was hast du dabei gefühlt?" Ruri hakte immer weiter nach. "Naja, Lucas Kuss war ganz schön verwirrend und es war mir peinlich. Ich habe mich so komisch, so unwohl gefühlt." Ruris Herz machte einen Hüpfer. Anscheinend war Mikan wohl nicht in Luca verliebt. Sie fragte sie. "Nein, ganz sicher nicht. Abgesehen davon, dass ich eh nicht wirklich weiß, wie man sich dabei fühlt, bin ich mir ganz sicher, dass ich 100%ig nicht in Luca verliebt bin. Warum willst du das wissen?" "Ähm... nur so." Jeder andere hätte aus ihrer verlegenen Antwort sofort das Richtige geschlossen, aber Mikan dachte sich wohl nichts dabei. Diese Naivität war einfach unglaublich! "Und Natsume..." Mikan redete plötzlich ganz freiwillig weiter. "Als er mich geküsst hat... Es war mir auch peinlich, aber da war noch etwas anderes... ich weiß nicht, so ein komisches Gefühl... mein Herz war so leicht... und irgendwie bin ich auch glücklich gewesen. Es war so komisch und trotzdem irgendwie schön..." Ruri schwieg eine Weile, um Mikan erst einmal verdauen zu lassen, was sie jetzt endlich erkannt hatte, dann stellte sie die entscheidende Frage: "Glaubst du, du bist in ihn verliebt?" "In Natsume?!" Mikan sah aus, als würden ihr gleich die Augen aus dem Kopf fallen. "Ja." Ruri rückte näher an Mikan heran und legte eine Hand auf ihren Arm. "Sei doch mal ehrlich dir selbst gegenüber. Für dich." "Ich weiß nicht... oh, das sage ich ganz schön oft." Sie grinste. "Naja... wenn dir der Kuss gefallen hat, dann hat das doch schon etwas zu bedeuten." "Ich kann nicht verliebt in diesen Idioten sein. Das kann nicht sein!" Ruri gab es auf. Die Sonne ging schon unter und sie mussten langsam mal zurück gehen. Sie mochte Sonnenuntergänge. Die Sonne tauchte alles in blutrotes Licht und sah so romantisch aus. Auch wenn ihr rotes Haar, ihr verhasstes rotes Haar, dadurch noch röter erschien, so als stünde ihr Kopf in Flammen, trotzdem mochte sie Sonnenuntergänge. "Naja." Sie stand auf. "Wollen wir nicht mal langsam gehen?" Sie hielt Mikan ihre Hand hin. Diese erfasste sie und Ruri zog sie hoch. "Ich geh noch mal eben nach Hotaru sehen", rief Mikan und rannte weg. Ruri blieb noch einen Moment stehen und sah sich den großen, roten Sonnenball an, dann ging sie langsam zurück. Am nächsten Morgen wachte sie früh auf und war dementsprechend früh in der Klasse. Was sie etwas wunderte, war, dass Luca auch schon da war, und zwar ganz ohne Natsume. "Hey." Sie ging zu seinem Platz und setzte sich auf den Rand seines Tisches. "Morgen", antwortete er ziemlich verschlafen. "Du?", fragte er. "Ja?" "Naja..." Es sah aus, als wäre es ihm peinlich. "Naru meint, er müsse seinen Geburtstag groß feiern, das weißt du ja schon... Und jeder muss mit einem Partner dahin kommen. Zum Tanzen und so, weißt du?" Er wollte mit ihr dahin gehen? Träumte sie? "Warum fragst du nicht Mikan?", fragte sie und bereute es im gleichen Moment. Jetzt wusste Luca also, dass sie wusste, dass er in Mikan verliebt war. "Woher weißt du das?" Er wurde knallrot. "Niemand weiß es und niemand soll es erfahren!" "Dummkopf." Sie lächelte. "Es ist doch so offensichtlich. Warum fragst du sie denn nicht?" "Ich denke, Naru erwartet, dass Natsume und Mikan zusammen hingehen. Er sieht die beiden gern zusammen." Er machte einen leicht gequälten Gesichtsausdruck. "Okay... Und du tust ihm den Gefallen, weil er Geburtstag hat?" Sie grinste verschmitzt. Er nickte. "Okay, klar gehe ich mit dir hin. Auch wenn du noch Hotaru hättest fragen können." Tzz... Hotaru... da geh ich wohl lieber mit dir hin. Tausendmal lieber. Du bist auch viel hübscher." "D...danke", stotterte sie. Ihr Herz schlug immer schneller. Sie wandte sich zum Gehen. "Ach... und ich sag's niemandem. Ich könnte dich doch nie verraten, Luca!" Noch einmal lächelte sie ihr schönstes Lächeln und ging dann zu ihrem Platz. "Hey, Luca." Natsume hinkte zu seinem Platz. Er trug wieder die Katzenmaske und war mit blauen Flecken übersät. Sein Knie war aufgeschrammt. "Natsume... alles in Ordnung?" "Klar." "Aber..." "Es ist alles okay!", herrschte Natsume ihn an. Luca zuckte zurück. "Okay..." Er wusste, dass dieser Zeitpunkt wohl nicht der beste war, aber trotzdem fragte er Natsume vorsichtig, ob er zu Narus Geburtstag gehe. "Ja", antwortete dieser zu Lucas Erstaunen ohne ein Zeichen, dass dies der falsche Zeitpunkt war. "Muss ich ja wohl... und Luca?" Der Angesprochene blickte ihn erwartungsvoll an. "Ich werde Mikan fragen. Okay?"" "Was sollte ich dagegen haben?" beantwortete er mit einer Gegenfrage, obwohl er dabei einen Stich im Herzen verspürte. "Ich gehe mit Ruri hin." Natsume blickte ihn erstaunt an, oder zumindest vermutete Luca diesen Blick unter der Maske. "Die? Also magst du sie doch?" Luca nickte zögernd. Er wollte nicht, dass Natsume Rücksicht auf ihn nehmen musste und er mochte Ruri ja wirklich. "Naja, ist ja deine Sache." Natsume klang nicht sonderlich begeistert. Jetzt dachten bestimmt alle, er wäre in sie verliebt. Aber vielleicht war das auch gar nicht so schlimm. "Ich werde auf Narumi-senseis Geburtstag singen." Luca sah Ruri ungläubig an. "Für ihn?" Sie nickte. "Naja, ist ja deine Sache", erwiderte er gleichgültig. Die beiden saßen unter einem großen Baum, der die brennende Sonne abhielt. Im Moment war es unglaublich warm. "Was singst du denn?" "Wirst du nicht kennen. Es ist... ich kenne es aus einem Musical. Ich habe es am Broadway gesehen." Er schaute sie an. Sie war hübsch. Nicht auf die konventionelle Art, die die meisten Jungs mochten. Aber die war Mikan schließlich auch nicht. Ruris Augen hatten diese besondere Farbe, die er sonst noch nie gesehen hatte. Sie waren weder blau noch grün und auch nicht einfach blau-grün. Es schimmerten noch viele andere Farben in ihnen. Schöne Augen. Und ihre Haare, sie hatten die Farbe der untergehenden Sonne. Und sie hatten so eine wunderschöne Form, wie fließendes Wasser bei einem Wasserfall. Aber da Beste an ihr war ihr Charakter. Sie war so lieb zu ihm und sie schien immer genau zu wissen, was er wollte. Wenn er traurig war, dann wollte er weder bedauert noch komplett alleingelassen werden. Aber niemand verstand das. Niemand außer ihr. Sie kam dann und setzte sich neben ihn und spendete ihm im Stillen Trost. Genau das war es, was er brauchte. Aber trotz alle dem liebte er trotzdem Mikan. Oder? Er war sich plötzlich gar nicht mehr so sicher. Konnte man sich gleichzeitig in zwei Menschen verlieben? Oder war er dabei, Mikan endlich loszulassen und sich in Ruri zu verlieben? Andererseits bekam er in ihrer Gegenwart niemals dieses Bauchkribbeln. Und vielleicht war es gerade das Nicht-Perfekte, das er an Mikan liebte. "Hey, du wirkst so abwesend." Ruri lächelte ihr sanftes Lächeln, das so verständnisvoll wirkte, so als wisse sie genau, was er fühlte und als verstünde sie es. "Ja..." Alles wäre so viel einfacher, wenn er in Ruri verliebt wäre. Aber nichts auf der Welt war einfach. Vielleicht war er dabei. Vielleicht würde er sich irgendwann in sie verlieben. Aber jetzt war es nicht so. Jetzt liebte er Mikan und er konnte es nicht ändern. Und überhaupt, wer konnte denn dafür garantieren, dass Ruri anders reagierte als Mikan? "Ähm... ich muss langsam mal gehen", holte sie ihn aus seinen Gedanken zurück. "Ich werde das Lied noch mal üben und Hausaufgaben muss ich auch noch machen." Sie stand auf und strich ihren Rock glatt. "Ich bringe dich." "Danke." Sie war ein bisschen überrascht, weil er sonst nie so höflich zu ihr war. Schweigend liefen sie nebeneinander her. "Geht... geht es dir gut, Luca?", fragte Ruri schließlich zögerlich. Sie hatte also gemerkt, dass er so viel nachdachte. "Naja... sagen wir's so: Du kannst mir nicht helfen, glaube ich." "Wenn du meinst..." Da war es wieder! Sie akzeptierte einfach, was er sagte und sie versuchte nicht, noch mehr herauszubekommen. Sie war so anders als seine anderen Freunde. Mittlerweile waren sie beim Mädchenwohntrakt der Grundschule angekommen. "Also, dann bis morgen. Treffen wir uns da?", fragte Luca. "Ja gut. Ich bin um halb sieben da." "Bis morgen." "Dito." Ruri ging in ihr Zimmer. Am Schrank hing bereits ihr Kleid. Es war hellgrün und ging bis zu den Knien. Am Saum war ein dunkelgrünes Samtband angebracht und in der Taille wurde es mit einem Band in der gleichen Farbe geschnürt. Dieses Kleid war wirklich schön. Mudo-sensei hatte es für sie ausgesucht, damit sie etwas Besonderes für ihren Auftritt hatte. Er bewunderte Narumi-sensei und wollte nur das Beste für ihn. Sie legte sich auf ihr Bett und sang ihr Lied noch einmal. Dabei dachte sie an die Broadway-Show zurück, die ihr so verzaubert vorgekommen war. Der nächste Abend kam so schnell und Ruri war schon wieder so nervös. Diesmal gab es ja sogar zwei Gründe, obwohl ihr klar war, dass sie und Luca nur als Freunde dorthin gingen. Ihre Finger spielten mit ihrer wunderschönen Kette, während sie mit Mikan zusammen auf Luca und Natsume wartete. Maron war bereits mit Kokoroyomi, dem Gedankenleser, verschwunden. Komisch, dass sie soviel Zeit mit ihm verbrachte... Hotaru war ebenfalls schon hereingegangen und sie wurde von Yu Tobita, dem anderen Klassensprecher, begleitet. Allerdings war das nur die Notlösung, weil keiner von den beiden einen anderen Partner gefunden hatte. "Mikan, warum bist du eigentlich mit Natsume hier? Du kannst ihn doch nicht leiden!" Sie grinste. "Ähm... also.... da kommen die Zwei!" Sie war doch in ihn verliebt! Sie musste es sich nur selbst noch eingestehen. ,Armer Luca!' Natsume sagte nichts, aber er ergriff Mikans Hand und zog sie langsam hinter sich her. Das sagte mehr als tausend Worte. Es war nicht die Art von "Komm-jetzt-hinter-mir-her"-Handhalten, sondern die "Hey-wir-gehören-zusammen-also-warum-zeigen-wir-es-nicht"-Handhalten. Und Mikan, die ziemlich überrascht wirkte, erlaubte es ihm. Luca fasste Ruri entschlossen ebenfalls an der Hand. Sie merkte jetzt schon, weshalb er das tat, aber trotzdem ließ sie ihn nicht los. Ihr Lied musste gleich zu Beginn vorgetragen werden, was ihr ganz recht war, denn dann konnte sie den ganzen Rest des Abends in Ruhe genießen. Während sie sang, dachte sie, auch um sich von ihren ganzen Zuhörern abzulenken, wieder an die Aufführung zurück, aus der sie das Lied kannte. Dieses Meer aus Kerzen und Nebel, der über einem unterirdischen See lag, alles in dieser geheimnisvollen Dunkelheit, und dazwischen, in einem kleinen, wunderschönen Boot, eine junge Frau in einem weißen Kleid und ein Mann mit einer Maske. Dieser Mann, der so unsäglich viel Leid ertragen musste. Der sich unglücklich verliebt hatte. Sie hatte geweint, als er am Ende seine Geliebte gehen ließ, damit sie glücklich war, er selbst musste aber in dieser Dunkelheit, von der er sein ganzes Leben lang umgeben war, allein bleiben... "Night time sharpens Heightens each sensation... Darkness stirs and wakes imagination Silently the senses abandon their defences Slowly, gently Night unfurls its splendour Grasp it, sense it - Tremuluos and tender Turn your face away from the garish light of day Turn your thoughts away form cold, unfeeling light And listen to the music of the night Close your eyes and surrender to your darkest dreams Purge your thoughts of the life you knew before Close your eyes, let your spirit start to Soar --- And you'll live as you've never lived before Softly, deftly Music shall caress you Hear it, feel it Secretly possess you Open up your mind, let your fantasies unwind In this darkness which you know you cannot Fight --- The darkness of the music of the night Let your mind start a journey to a strange new world Leave all thoughts of the world you knew before Let your soul take you where you love to Be --- Only then can you belong to me Floating, falling Sweet intoxication Touch me, trust me Savour each sensation Let the dream begin, let your darker side give in To the power of the music that I write The power of the music of the night... You alone can make my song take flight Help me make the music of the Night ---- " Narumi-sensei bedankte sich überschwänglich und eröffnete dann den Tanz. Kapitel 4: Mehr will ich nicht von dir -------------------------------------- Dieses Kapitel ist fast ausschließlich bei DsdS entstanden^^ *"Jessie, paint your pictures..." sing* Ich widme dieses Kapitel DoReMi, auch wenn sie es schon kennt^^ "Lehr' mich wieder, ohne Angst zu leben. Sei mein Retter aus der Einsamkeit Gib' mir Wärme, um mir Mut zu geben Und versprich', dass ich dich nie verlier' Mehr will ich nicht von dir" - Christine, Mehr will ich nicht von dir Natsume forderte Mikan gleich zum Tanzen auf, oder eigentlich eher andersherum. "Willst du nicht mit mir tanzen?", fragte sie, wartete seine Antwort aber gar nicht erst ab, sondern zog ihn direkt auf die Tanzfläche. Narumi-seinsei betrachtete die beiden die ganze zeit mit einem Lächeln. Das, was Luca gesagt hatte, schien also zu stimmen. Und Natsume war so anders an diesem Abend. Es war schon fast unheimlich. Aber er sah auch so glücklich aus. Er brauchte nicht zu lächeln, man sah trotzdem, dass sich irgendetwas an seinem Gesichtsausdruck verändert hatte. Und genau deshalb, und natürlich, weil Mikan auch so viel Spaß hatte, genau deshalb war Luca auch bereit, die beiden in Ruhe zu lassen. "Wollen wir auch tanzen?", fragte sie ihn. "Nein, im Moment nicht, okay?" "Na gut." Sie war ein wenig enttäuscht. Sie stellten sich an die Wand und schauten sich die tanzenden Paare an. Zu ihrem Erstaunen stellte Ruri fest, dass Maron Kokoroyomi den ganzen Abend nicht von der Seite gerückt war. Sollte sie am Ende ein ähnliches Geheimnis vor ihr haben, wie sie selbst? "Du hast schön gesungen", lobte Luca sie. Wenigstens sagte er jetzt mal etwas. "Ja... Danke." "Worum geht es in dem Lied? Ich kann nämlich leider kein Englisch. Nur ein bisschen Französisch." Sie zog die Augenbrauen hoch, ging aber nicht weiter darauf ein. "Eigentlich ist es eine Art Liebeserklärung zur Dunkelheit. Aber es ist auch eine Art indirekte Liebeserklärung von einem, grausam entstellten, Mann zu einem wunderschönen, braunhaarigen Chormädchen. Nur durch seine Hilfe hat sie den Durchbruch zur Operndiva geschafft, aber trotzdem liebt sie einen Anderen..." "Kommt mir irgendwie bekannt vor...", sagte er traurig. "Was?" "Naja, ein hübsches braunhaariges Mädchen... und außerdem habe ich Mikan ja geholfen, sonst wäre sie von einem riesigen Huhn gefressen worden und ich war immer nett zu ihr." "Naja, so wie ich das gehört habe, warst du nicht wirklich nett zu ihr am Anfang und du hast sie auch nicht freiwillig vor dem Küken gerettet." Sie hatte sich alles anhören müssen. Sumire Shoda fühlte sich wohl gezwungen, jeden Neuzugang über Natsume und Luca zu berichten. Aber einige Dinge wusste sie ja auch nicht... "Okay... aber ich habe trotzdem das Gefühl, ich sei dieser Mann." "Oh, Luca." Sie legte vorsichtig einen Arm um ihn. "Du machst das alles ein bisschen dramatisch... Und du musst dich schon entscheiden, was dir wichtiger ist." Er überlegte gründlich. Er sagte sich selbst ja immer, dass Natsume ihm am allerwichtigsten war, aber trotzdem war er doch eifersüchtig, wenn er ihn so glücklich mit Mikan sah. War Natsume ihm wirklich am wichtigsten? Aber er wollte ja auch nicht, dass Natsume nicht glücklich war. Und er wollte nicht, dass Mikan nicht glücklich war. Er wollte, dass alle glücklich sind. Aber ging das denn? "Tut mir leid", entschuldigte sie sich. "Vergiss es. Ich bin nicht in deiner Lage. Aber angenommen, Maron und ich wären in denselben Jungen verliebt, ich wüsste auch nicht, was ich tun sollte. Ich denke, man kann sich im Kopf entscheiden, aber nicht im Herzen." Sie grinste. "Ich kann das nicht wirklich so ausdrücken, wie ich es meine." "Doch, ich verstehe, was du meinst". widersprach er. "Und im Kopf habe ich mich schon längst für Natsume entschieden." "Und in deinem Herzen?" Er schaute sie an. Ihre Augen mit dieser wunderschönen Farbe... Ihr hübsches Gesicht... Ihre Haare... Und dass sie sich so sehr um sein eigenes Glück bemühte... Plötzlich war er sich gar nicht mehr so sicher. "Keine Ahnung. Und das würde ich auch lieber für mich behalten, wenn's dir recht ist." Sie nickte. Natürlich. Wieso sollte er auch mit ihr darüber reden? Sie war schrecklich müde. Es waren bestimmt schon über zwei Stunden vergangen. Die Musik wurde im Laufe des Abends immer langsamer und alles war so romantisch. Wie gerne hätte sie auch getanzt. Vorsichtig lehnte sie ihren Kopf an Lucas Schulter, gespannt, wie er reagieren würde. Aber er tat gar nichts. Vielleicht merkte er es gar nicht. Er schien mit seinen Gedanken so weit fort. ,Wenn du doch nur einmal mit mir tanzen würdest. Mehr will ich doch gar nicht. Nur tanzen... Ich habe noch nie mit jemandem getanzt. Ich weiß noch nicht mal, ob ich es überhaupt kann. Also, bitte Luca. Nicht mehr...' Aber er hätte bestimmt immer noch keine Lust. Sie schloss ihre Augen und dachte an ein Schulfest zurück, an dem sie ungefähr zehn gewesen war. Es war ganz kurz, bevor sie auf die Alice Academy gekommen war. Jeder Junge hatte sich eine Partnerin gewählt. In ihrer Klasse waren gleichviel Jungs und Mädchen, also hätte ja ein Junge mit ihr tanzen müssen. Aber stattdessen stritten sich zwei Jungen, Tommy und Billy um Carrie, das andere Mädchen, das neben ihr noch übrig geblieben war. "So, no one wants to dance with a girl like you, you see," sagte sie. Und die beiden tanzten gleichzeitig mit ihr, einer an ihrer rechten, einer an ihrer linken Hand. Und Carrie war doch gar nicht hübsch. Sie war das hässlichste Mädchen aus der Klasse. Hassten sie denn alle? "What do you mean with ,a girl like me'?" "Well, an ugly witch!" Alle hatten sie ,Witch', Hexe, genannt. Aufgrund ihres Alices. "You will never dance, you will never kiss a boy and you will never get married!", rief Chris Hardigan, die besonders viel Spaß daran hatte, Ruri zu ärgern. "No one would ever do this!" Jeden Tag hatten sie sie beschimpft. Aber damit war es jetzt vorbei. Trotzdem, sie hatte das niemals vergessen. Wenn man so etwas ständig gesagt bekam, dann glaubte man es irgendwann selber. Sie schlug die Augen wieder auf. "Ich habe auch einmal mit Mikan getanzt", erzählte Luca. "Aber nur getanzt..." "Was meinst du damit?" Sie drehte ihren Kopf so, dass sie Luca ansehen konnte. "Das weißt du doch genau. Guck doch mal, wie sie sich ansehen. Sie leugnen es beide. Aber eigentlich ist doch eh jedem klar, dass sie in einander verliebt sind. Jeder weiß es! Und es wird nur noch eine Frage der Zeit sein, bis sie es sich endlich eingestehen." Es war seltsam, ihn so reden zu hören. Er hatte sonst nie über die Liebe geredet. Aber auf eine gewisse Art und Weise fühlten sie beide gleich. Vielleicht sollte sie ihm ja sagen, dass sie in ihn verliebt war. Aber dann würde das vielleicht ihre Beziehung zueinander gefährden. Dann wollte sie doch lieber nur Freundschaft, wenn es dafür wenigstens eine feste Basis gab. "Naja, du kannst es aber nicht sicher wissen. Das sind doch alles nur Vermutungen." Sie wollte ihn so gern trösten. Sie wusste zwar, dass Luca recht hatte, weil Mikan ja selbst gesagt hatte "Nein, ich bin nicht in Luca verliebt", aber er sollte ja wenigstens eine Hoffnung haben. Auch wenn sie dann keine Chance hatte. "Hm..." Er zuckte die Schultern und stieß damit ihren Kopf zur Seite. "Sorry!" "Schon okay." Sie rieb sich den Kopf. "Wollen wir jetzt tanzen?", fragte er. "Was?" Sie konnte es nicht glauben. Sie hatte sich so sehr gewünscht, dass er mit ihr tanzte. Aber wenn sie noch mal darüber nachdachte, dann wollte sie vielleicht doch nicht nur das... Sie fühlte sich nicht wohl dabei, auch weil sie anscheinend nur als Ersatz fungierte. Aber wenn sie versuchte, das Denken wenigstens ein bisschen einzustellen, dann konnte sie einfach Spaß haben. Ein bisschen glücklich sein und ein bisschen träumen, dass er doch in sie verliebt war. Aber das ging doch nicht. Sie wollte sich nicht selbst belügen, so wie Luca das anscheinend tat. "Was ist jetzt? Tanzt du mit mir?" Andererseits war es ja nur ein Tanz. Nur ein Tanz... "Ja, sehr gern." Luca tanzte erstaunlich gut. Wo hatte er das nur gelernt? Er hielt sie ziemlich eng an sich und es schien ihm auch zu gefallen. Sie konnte die Spur eines Lächelns in seinem Gesicht erkennen. Sie hoffte nur, er hörte nicht, wie laut ihr Herz klopfte und spürte, wie ihr ganzer Körper vibrierte, wenn seine Finger ihren Arm berührten. Aber weshalb tat er das? Wehalb tanzte er mit ihr? So? Auf diese Weise? Sie schaute sich über seine Schulter hinweg die anderen Paare an. Mikan und Natsume... Sie tanzten nicht viel anders als sie. Und Mikan schaute sie grinsend an. Was hatte das zu bedeuten? War es möglich... konnte es sein, dass Luca irgendetwas erzählt hatte, was sie vermuten ließ... Sie wurde ein wenig böse. Wenn ihre Vermutung stimmte, dann würde alles bis jetzt eine große Lüge gewesen sein... Sie nahm ein bisschen Abstand von ihm, aber das Lied war eh schon zu Ende. "Hey." Luca hielt sie noch fest, als sie schon wieder weggehen wollte. "Danke, dass du mit mir getanzt hast." Er sah sie zögernd an. Und dann küsste er sie. Auf den Mund. Es schien, als finge alles um sie herum an, sich zu drehen. Sie dachte, sie würde ohnmächtig, weil ihr Herz so schnell schlug, weil das so viel mehr war, als sie eigentlich von ihm wollte. Aber war es das wirklich? Sie dachte wieder an ihre Vermutung und wurde wütend. Das war nicht schön, nein! Sie wollte nicht so von Luca geküsst werden. Nicht, um allen etwas vorzumachen. Er hatte sie den ganzen Abend benutzt. Und ihr ihren ersten Kuss gestohlen. ,Gestohlen? Aber ich wollte ihn doch eh nicht von jemand anderem...' Hatte er sie schon vorher benutzt? War das vielleicht alles eine große Lüge? "Idiot!", rief sie und stieß ihn weg. Mit aller Kraft hielt sie ihre Tränen zurück. Schnell rannte sie weg. Sie wollte nicht länger auf dieser Feier sein. Sie wollte einfach nur weg. Einfach nur weg. An einem Mondlilienfeld (diese Art Blumen habe ich bei AS abgeschaut^^) ließ sie sich schließlich einfach auf den Boden fallen. Sie konnte nicht mehr laufen und war fast blind vor Tränen. Es tat so weh und trotzdem konnte sie nicht einfach aufhören, ihn zu lieben. "Luca-pyon! Was ist denn los?" Mikan klang ziemlich aufgebracht. "Du musst ihr hinterher. Erklär' es mir später", rief sie im Befehlston. Und das tat er auch. Er wusste nicht, was über ihn gekommen war. Es war ja klar, dass das, was er getan hatte, nicht fair war. Er hatte seine Freundin benutzt. Natürlich hatte er es getan, damit Natsume und Mikan glücklich waren, damit sie dachten, sie müssten keine Rücksicht auf ihn nehmen, aber das war keine Entschuldigung. Aber vielleicht... "Ruri?" Er lief alle Wege ab, die ihm einfielen, aber er fand sie nirgends. Als er die Suche schon fast aufgegeben hatte, kam er an ein Mondlilienfeld. Nirgendwo sonst gab es diese Blumen, die nur in der Dunkelheit, im Mondlicht aufblühten. Traurige Blumen, die nichts kannte, als die Dunkelheit. Ein Mädchen mit Pflanzenalice hatte sie kreiert, als sie sehr traurig war. Aber im Mondlicht wirkten sie trotzdem sehr schön. Und Ruri, die inmitten dieser Blumen saß, verstärkte die bizarre Schönheit dieses Bildes noch mehr. Sie hatte rotgeweinte Augen und ihr Haar hing ihr wirr ins Gesicht. Aber trotzdem sah sie noch so hübsch aus. "Ruri?" "Was willst du?" Sie zog die Knie an und schlang ihre Arme darum. "Es tut mir leid." Er ging langsam auf sie zu. "Ich hatte ja keine Ahnung, dass du so... heftig reagieren würdest. Ich meine, am Anfang hast du schließlich mitgemacht." Es war jetzt eh klar, dass sie von seinem Plan wusste. "Ja. Du hast nie von etwas Ahnung", sagte sie mit einer ungeheuren Bitterkeit in der Stimme, dann machte sie eine Pause und fuhr leise fort: "Ich liebe dich, Luca. Vielleicht erklärt das meine Reaktion." Er schaute sie erschrocken an. Warum hatte er nie auch nur am entferntesten über diese Möglichkeit nachgedacht? "Was?" "Du hast es doch genau verstanden!" Sie fing wieder an zu weinen. Zögernd setzte er sich neben sie. Es war plötzlich so vieles klar. Diese versteckten kleinen Andeutungen, denen er nie Beachtung geschenkt hatte. Und jetzt war auch allzu klar, warum sie so verletzt war. Er hatte das alles getan, sie geküsst, mit ihr getanzt, sie zum Geburtstagsfest begleitet, obwohl er nicht in sie verliebt war. Aber sie war es. Er verstand nur zu gut, warum sie so verletzt war. Er hatte sie nicht nur einfach als Freundin ausgenutzt, was ja ohnehin schon schlimm war, das was er getan hatte, war noch hundertmal schlimmer. "Warum hast du mich überhaupt geküsst?" Sie sprach mit zittriger Stimme. Sein schlechtes Gewissen nagte an ihm. Er hatte noch nie solche Schuldgefühle gehabt. Aber woher hatte er denn auch wissen sollen, was sie für ihn fühlte? Sie war doch immer nur einfach eine Freundin gewesen! Und er hatte sie auch noch mit dem Mist über Mikan zugelabert. "Es... ich weiß nicht..." Er wollte sie ihn den Arm nehmen, aber sie schlug ihn nur wieder weg.. "Hör mal... ich weiß, dass es keine Entschuldigung dafür gibt... Aber ich wollte, dass..." "Ich kann's mir denken", unterbrach sie ihn. "Aber weißt du, wenn Mikan und Natsume wirklich in einander verliebt sind, wenn sie auch wirklich zusammen sein wollen, dann werden sie bestimmt nicht mehr die ganze Zeit über dich nachdenken. Das ist absolut egoistisch! Du erzählst Mikan doch eh nicht, was du fühlst. Und Natsume auch nicht!" Sie holte tief Luft und sagte ihm dann das, was sie schon seit langem loswerden wollte. "Nicht die ganze Welt dreht sich um dich, Luca!" Er starrte sie erschrocken an. Sie hatte recht. "Luca?", fragte sie nach ein paar Minuten. "Tut mir leid. Das war gemein von mir. Ich verstehe dich ja. Aber es war trotzdem gemein." Sie stand auf. "Ich gehe jetzt." "Warte, ich bringe dich." "NEIN!" Sie ging ein paar Schritte weg von ihm. "Bitte... ich kann mein Alice nicht mehr länger kontrollieren... ich will dich nicht traurig machen." Sie rannte weg. "Ruri-chan?" Maron öffnete leise Ruris Zimmertür. Ruri lag auf dem Bett. Sie hatte sie einigermaßen beruhigt und in dem Nachthemd fühlte sie sich auch besser, als in dem dummen Kleid, das sie nur wieder an alles erinnerte. Aber wenn Maron jetzt wieder nachfragen würde, dann würde sie wieder weinen müssen. Also holte sie schon mal vorsorglich ihr Taschentuch. "Was war denn los? Du warst auf einmal weg." Sie setzte sich neben Ruri auf ihr Bett. "Ist es wegen Luca?" Sie blickte Maron entgeistert an. "Woher...?" "Oh." Maron schlug die Hand vor den Mund. "Ruri-chan... ich... es tut mir leid... Ich habe Kokoroyomi gefragt. Du warst so komisch, finde ich. Ich wollte doch nur wissen, wieso..." Schon komisch. Anstatt sauer auf Maron zu sein fühlte Ruri sich eher schuldig, weil sie es Ruri nicht schon eher erzählt hatte. Sie war doch ihre beste Freundin. "Das verstehe ich." Sie versuchte zu lächeln, aber es misslang ihr. Sie fing wieder an zu weinen. "Ruri-chan?" Ihre beste Freundin nahm sie in den Arm. Ruri erzählte alles, dass sie sich so ausgenutzt fühlte und dass sie so verliebt in ihn war. Sie wisse einfach nicht, was sie jetzt tun sollte. "Das klingt kompliziert. Aber ich denke, es tut ihm wirklich leid. Ich meine, du hättest ja auch etwas sagen können. Trotzdem, ihr scheint so gut befreundet zu sein." "Natürlich. Ich will auch nicht, dass das alles vorbei ist. Aber jetzt... jetzt weiß ich, wie es ist, wenn ich mehr von ihm bekomme. Und jetzt soll ich wieder einen Schritt zurückgehen?" "Okay... das ist nicht fair. Aber er wusste ja wirklich nichts von deinen Gefühlen. Ich will ihn nicht verteidigen und gar nichts, aber wenn ich das so als Außenstehende betrachte, dann sieht es für mich so aus." Sie hatte ja recht. Aber Luca hatte ihr auch nicht gesagt, was er vorhatte. Sie waren einfach nicht ehrlich zueinander gewesen. "Aber irgendwie finde ich es schon komisch, dass er dich geküsst hat. Ich meine, die Art auf die er dich geküsst hat. Das war einfach nicht... kein Schauspiel." "Wie meinst du das?" "Vielleicht mag er dich ja doch etwas mehr..." Ruri schaute sie ungläubig an. "Wenn du so was sagst, dann hoffe ich wieder, dass es stimmt." "Du dramatisierst alles so. Luca empfindet doch etwas für dich. Er mag dich. Und wie gesagt, vielleicht mag er dich sogar mehr, als nur als Freundin. Das ist es doch, was du willst, oder nicht?" "Hör auf, okay? Er ist in Mikan verliebt, zum tausendsten Mal." "Ruri! Er wird Mikan nie bekommen. Das weiß er doch selbst. Er kann gar nichts anderes machen, als sich neu zu verlieben." "Dann wird er sich eben nicht in mich verlieben." Maron schüttelte den Kopf. Sie wurde langsam etwas gereizt. "Ruri, du sagst die ganze Zeit, du liebst ihn, aber jetzt, wo du vielleicht eine Chance hättest, scheint es so, als willst du gar nicht." "Nein, das ist so", erklärte Ruri. "Ich bin früher so oft enttäuscht worden. Nicht, weil ich in einen Jungen verliebt war, sondern weil ich eine Freundin gesucht habe. Und da habe ich immer noch gehofft, dass alles gut geht. Und es ist nie etwas daraus geworden. Deshalb bin ich einfach keine Optimistin. Ich male mir lieber alles so schrecklich aus, wie es sein könnte und dann ist es hinterher doch besser. Vielleicht hast du ja recht. Aber ich rechne lieber nicht damit. Ich warte einfach ab, wie sich alles entwickelt." Sie wischte sich noch einmal mit der Hand über die Augen. So viel, wie sie in den letzten Tagen geweint hatte, so viele Tränen hatte sie in den letzten zwei Jahren nicht vergossen. "Ach, was ich dich noch fragen wollte..." Sie beschloss, das Thema zu wechseln. "Warum war Kokoroyomi eigentlich so nett, dir zu sagen, was ich denke? Im Normalfall tut er das doch nicht einfach so, oder?" Maron wurde rot. "Ich mag ihn. Auch wenn er manchmal ziemlich gemein ist." Sie schaute sich das Stickmuster auf Ruris Kopfkissen sehr genau an. "Und wie lang schon?", fragte Ruri. Maron hatte also ein ähnliches Geheimnis gehabt wie sie. "Länger..." Sie schaute wieder auf. "Ruri-chan? Lass uns schwören, dass wir uns ab jetzt immer alles erzählen, okay?" Sie hielt ihr ihre Hand hin. "Ja. Alles, Mari-chan." Ruri legte ihre Hand darauf. Ein paar Minuten später waren die beiden auch schon nebeneinander eingeschlafen. Der nächste Morgen kam zu schnell. Es war zwar Sonntag und damit kein Unterricht, aber Ruri wollte auch nicht erst in der Klasse wieder auf Luca treffen. Sie machte sich also auf in den wunderschönen Sonnenschein. Die Vögel zwitscherten und alles wirkte so schön und harmonisch. An so einem Tag ließ es sich besser über unangenehme Dinge unterhalten als an einem regnerischen, bedrückendem Tag. Maron war mit Nonoko und Anna und noch ein paar anderen zum Volleyball spielen verabredet und Ruri überlegte, wo sie Luca finden konnte. Sie lief ein bisschen ziellos durch die Gegend und traf dann auf Mikan und Hotaru. "Du solltet mit Luca reden. Er wirkt irgendwie deprimiert", sagte Mikan und lief weiter. "Hey, Saeki", flüsterte Hotaru. "Ich weiß zwar nicht, was du gestern gemacht hast, aber Luca scheint wirklich ziemlich traurig zu sein." Wenn Hotaru das schon sagte... Wenigstens hieß das, dass sie Luca nicht egal war. "Wo finde ich ihn denn?" "Im Stall, schätze ich", antwortete Hotaru und ging hinter Mikan her. "Luca?" Es klopfte an der Stalltür. Ruri? Nach dem ganzen Theater gestern wollte sie noch mit ihm reden? Augenblicklich vergaß er das Spiel, das er gerade mit seinen Freundin gespielt hatte, setzte die Katze, die er gerade auf seinem Schoß gehabt hatte, behutsam ab und ging zur Tür. Die Tiere weinten ihm hinterher. "geh nicht, Luca", wimmerten sie. "Ich komme bald wieder", versprach er und schloss die Tür hinter sich. "Du redest mit Tieren?", fragte Ruri erstaunt. "Du redest noch mit mir?", fragte er zurück. "Siehst du doch... hm... ich denke, gestern habe ich vielleicht etwas überreagiert." Sie strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. "Gegen Abend werde ich... wie soll ich sagen... emotionaler?" Luca wirkte erleichtert. "Trotzdem war es gemein von dir. Und trotzdem tut es weh, ausgenutzt zu werden, hörst du?" Die Erleichterung auf seinem Gesicht verschwand wieder. Natürlich hatte sie ihm nicht über Nacht verziehen. Das war aber auch nicht so einfach. Wenn Mikan ihn so ausgenutzt hätte... schreckliche Vorstellung! "Ich kann nicht mehr sagen, als dass es mit leid tut. Das kann man mit Worten einfach nicht ausdrücken. Ich wünschte, ich hätte dich wenigstens gefragt, ob du mitspielst. Aber ich bin nun mal so dumm gewesen. Deshalb..." Er drehte ihr Gesicht so, dass sie ihm in die Augen sah und nicht mehr starr zu Boden blickte. "Bitte verzeih mir. Nicht mehr. Du musst ja nicht mehr meine Freundin sein. Du sollst mich nur nicht hassen." "Luca. Ich kann dir nicht nicht verzeihen. Ich kann dich auch nicht hassen. Ich..." Sie wollte es nicht noch mal wiederholen. "Ruri-chan..." "Nenn' mich nicht Ruri-chan!" "Ruri... ich habe die ganze Nacht wachgelegen. Das ist so..." Er begann einen zweiten Anlauf. "Ich hätte es einfach nicht erwartet. Ich... ich glaube nicht, dass ich in dich verliebt bin." Er legte seine Hand auf ihre. Sie sah so traurig aus, er konnte es schon fast fühlen. "Aber das heißt nicht, dass ich mich nie in dich verlieben werde. Ich meine, ich weiß gar nicht mehr, was ich eigentlich fühle. Du hast mich ziemlich verwirrt. Es gab noch nie jemanden, der in mich verliebt war." "Was ist mit Sumire Shoda und so?" "Das ist doch keine Liebe." "Wie willst du wissen, dass ich Liebe fühle?" Er ignorierte ihre Abschweifung einfach und redete weiter. "Ich weiß jedenfalls, dass du mir verdammt wichtig bist. Wenn du mir nicht glaubst, kannst du ja selbst nachgucken, oder wie immer du das nennst." "Ich glaub dir auch so." Sie zeichnete mit dem Finger ein unsichtbares Bild auf den Boden. Eine Weile saßen sie einfach schweigend da. Die Sonne schien jetzt ziemlich heiß und Ruri sah voraus, dass sie bald einen Kopfschutz brauchen würde. Sie seufzte. "Normale Elfjährige hätten diese Probleme bestimmt nicht", stellte sie fest. "Nein, aber wir sind ja auch nicht normal. Wir haben ein Alice. Die Last, die wir damit tragen, lässt uns auch schneller älter werden. Vielleicht gehört das dazu", überlegte er. "Wow, du scheinst ja wirklich eine Menge zu wissen", staunte sie. "Erfahrung. Nicht direkt meine, aber Natsume... naja, über ihn habe ich schon eine ganze Menge mitgekriegt. Ich habe ja nicht gerade das gefährlichste Alice, aber ich trage damit Verantwortung. Du auch. Deshalb sind wir so anders als andere Kinder." Sie verstand, was er meinte. Sie selbst hatte ja schließlich auch ihre Probleme mit ihrem Alice. "Aber wenn dir Natsume wirklich so wichtig ist, dann musst du endlich Mikan loslassen. Kann sein, dass ich dir das schon mal gesagt habe." Sie hatte dieses Déjà-vu-Erlebnis. "Ich weiß. Ich versuche es. Aber jetzt habe ich endlich einen wirklichen Grund." "Hä?" Sie sah ihn verständnislos an. "Dich!" "Das hört sich ziemlich komisch an. Kann doch auch sein, dass du dich irgendwann in jemand anderen verliebst." Aber daran wollte sie eigentlich gar nicht denken. "Aber vielleicht entwickeln sich unsere Gefühle ja noch. Das passiert öfter." Sie dachte an ihre Eltern, die sich schon mit zehn Jahren gekannt hatten. "Und bis dahin bleiben wir Freunde." "Das willst du?" "Ja." "Okay." Er zuckte die Schultern. Anscheinend verstand er sie nicht. "Freunde sind etwas Tolles. Sie bieten einem Schutz, helfen einem, wenn man mal Probleme hat und sind immer für einen da. Das kannst du von festen Freunden nicht unbedingt behaupten." Diese Erklärung klang für sie ganz plausibel. Auch wenn sie selbst noch nicht einmal ganz daran glaubte. "Okay", wiederholte er. Sie lächelte. ,Na gut, für's erste ist das genug.' Er hatte ja ziemlich viel über sie nachgedacht. Sie war ihm nicht egal und das war die Hauptsache. Mehr als ein bisschen Liebe wollte sie ja nicht. Und das bekam sie schließlich jetzt schon. Kapitel 5: Könntest du doch wieder bei mir sein ----------------------------------------------- Tja, dieses Kapitel ist in meiner Englisch-phase entstanden^^ Die ist immer noch nicht vorbei^^ Manchmal denke ich englisch und merk es noch nichtmal *lol* --- „Könntest du doch wieder bei mir sein Seit du fort bist, leb’ ich kaum Oft schien es mir, ich wär’ bei dir Doch es war nur ein Traum“ – Christine, Könntest du doch wieder bei mir sein Ruri war nicht so glücklich, wie sie hätte sein können. Aber mit der Zeit, die sie in Amerika verbracht hatte, war das Ganze überhaupt nicht zu vergleichen. Wenigstens hatte sie Freunde. Wenigstens war sie etwas glücklich. Ihre Beziehung zu Luca wurde trotz allem immer besser, wahrscheinlich, weil sie jetzt auch ehrlicher zueinander waren. Jetzt konnten sie sich erst als richtige Freunde bezeichnen. Sie hatten Pause und Ruri musste sich ihre blaue Baseballkappe aufsetzen, damit sie keinen Sonnenstich bekam. Sie hasste ihre Haare mehr denn je. Und ihre Haut. Einfach alles an ihr. Obwohl Luca gesagt hatte, dass ihm ihre Haare gefielen. „Hey.“ Jemand legte ihr von hinten die Hände auf die Augen. „Lass das!“, fauchte sie, nahm die Hände weg und drehte sich energisch um. „Ich hab keine Lust auf solche Spielchen, Luca.“ „Du bist aber schlecht gelaunt“, stellte er fest. „Ja. Tut mir leid. Ich mag diese Hitze einfach nicht. Ich hasse den Sommer“, erklärte sie. „Können wir irgendwo in den Schatten gehen?“ Sie ging langsam hinter ihm her. Immer noch kannte sie sich in der Schule nicht so gut aus. „Wo ist eigentlich Natsume?“ Das war schon eine Art Standardfrage bei ihr. Eigentlich wusste sie bloß nie, wie sie ein Gespräch anfangen sollte. „Er sagte, er müsse mit Mikan reden.“ „Weißt du, worüber?“ Sie gingen in die Pausenhalle, in der es angenehm kühl war. Eigentlich mochte Ruri die Sonne ja ganz gern, aber nur, wenn sie nicht so brannte. „Hört sich ja nicht gut an“, murmelte sie. „Wieso?“ Luca sah sie verwirrt an. „Es bedeutet nie etwas Gutes, wenn ein Junge sagt, er müsse reden.“ „Eindeutig ein Vorurteil.“ Luca grinste. „Ihr Mädchen habt doch keine Ahnung...“ Er machte eine Pause und wurde ernst. „Persona hat ihm ins Gewissen geredet. Er ist so ein verdammter Mistkerl! Er sagt, Natsume solle sich von Mikan fernhalten. Ich weiß nicht warum, aber ich finde es einfach nur gemein!“ „Kann es nicht sein, dass er das nur sagt, um Mikan zu beschützen?“, fragte Ruri vorsichtig. Luca öffnete den Mund. „Schon gut“, sagte Ruri, bevor er etwas sagen konnte. „Ich kenne ihn ja gar nicht.“ Sie spielte mit den Fingern mit ihrer Kette. „Eine schöne Kette“, sagte Luca und schaute sie genauer an. Ein kleiner rosa Stein, der von vielen weißen Schmucksteinen umgeben war. Die waren garantiert nicht echt, aber vielleicht war es ja der Stein in der Mitte. „Ja, sie ist von meiner Mutter...“ Ihre Augen bekamen einen traurigen, sehnsuchtsvollen Ausdruck. „Hat sie ihn dir als Erinnerung gegeben? Bevor du auf die Academy gekommen bist?“ „Nein. Schon vorher, aber auch als Erinnerung. Meine Mutter ist tot. Sie hatte Leukämie.“ Ihm fiel auf, dass er so gut wie gar nichts über Ruris Vergangenheit wusste. Ihre Mutter war also tot. Wenn seine Mutter nicht mehr da wäre... Wenn sie gar nicht mehr zu erreichen wäre, auch nicht über die seltenen Briefe... das konnte er sich gar nicht vorstellen. „Aber... ähm...“ Es war ihm peinlich, das zu fragen. „Was für eine Krankheit war das?“ „Hm?“ Ihre Augen wurden groß. „Leukämie, Blutkrebs“, erklärte sie. „Hast du noch nie etwas davon gehört?“ Er schüttelte den Kopf. „Das ist eine vererbbare Krankheit. Meine Oma hatte es und meine Mutter eben auch.“ Er schaute sie ängstlich an. Konnte das heißen...? „Und du?“ „Nein.“ Sie hob abwehrend die Hände. „Soweit die Tests sagen, nicht. Außerdem habe ich mit meinem Alice sowieso genug Probleme.“ Es klingelte und Luca konnte nicht weiter nachfragen. Die nächste Stunde wäre eigentlich bei Narumi-sensei gewesen, aber der wurde mal wieder vertreten. Und auf seinen Vertretungslehrer gab wie immer niemand acht. Sie hatte schon so lange nicht mehr an ihre Vergangenheit und an ihre Mutter gedacht. Eigentlich hatte sie das alles schon auf dem Flug nach Japan hinter sich gelassen. Aber jetzt war es auf einmal wieder da. Die Schultage hatten sich so lange hingezogen. Immer war sie geärgert worden. Die Mädchen waren am schlimmsten. Sie konnten so grausam sein. Die Jungen schienen sich immer aus allem herauszuhalten und lieber Baseball zu spielen. Sie hatte nur ein paar richtige Freunde gehabt, und das in Japan. In Amerika hatte sie es gleich doppelt schwer: Sie war Ausländerin und sie hatte ihr Alice. Sie versuchte, es zu verstecken, aber als kleines Mädchen war das nicht sehr einfach. Nachdem die Mädchen das herausbekommen hatten, war alles noch viel schlimmer geworden. Sie hatten nicht etwa Angst, oh nein, sie hatten sie nur noch weiter provoziert. Es ist ja bekannt, dass Kinder oft selbst die größte Gefahr nicht erkennen. „Witch. Look at the last living Witch!“ Chris Hardigan, ein rotzfreches zwölfjähriges Mädchen, war die Anführerin von allen gewesen. Sie war bildhübsch, ein richtiger Engel, aber ihre Seele war schwarz wie Pech. Jeder Wollte in Chris’ Clique sein. Und deshalb wagte es auch niemand, nett zu Ruri zu sein. Niemand, weder ihre Eltern noch ihre Lehrer, nahmen ihr ab, dass Chris daran schuld war, dass sie sich so unwohl fühlte. Sie hielten es für harmlose Hänseleien, aber es war mehr als das. Ruri wurde einfach von der Klasse ausgegrenzt. Sie gehörte nicht dazu und sie würde es auch niemals. „In fact, she is jealous. You’re much prettier than her.“ Das sagte ihre Mutter, als sie eines Tages nicht in die Schule gehen wollte. Sie strich ihre über das rote Haar und küsste sie auf die Stirn. Damit, dachte sie, wäre die Sache erledigt. Wie naiv Eltern doch manchmal sein konnten... Ihre Mutter hatte immer Englisch mit ihr geredet. Nach einem Jahr konnte Ruri unerwartet gut Englisch reden. Und sie mochte diese Sprache. Obwohl sie manchmal ganz gern japanisch geredet hätte. Aber wenn ihre Mutter gerade außer Haus war, dann redete sie mit ihrem Vater, der den Englisch-Wahn seiner Frau nicht so gut nachvollziehen konnte, japanisch. „Ruri, willst du mitspielen?“, fragte Maron. Sie hatte ein Kartenspiel ausgepackt und verteilte an ein paar Mitschüler, die um ihren Tisch herum saßen. „Nein, danke.“ Ruri kritzelte gedankenverloren in ihrem Heft herum. Mommy. Sie vermisste ihre Mutter so. Auf einmal. Warum war sie nur gegangen? Warum konnte sie nicht mehr bei ihr sein? Warum durfte sie nicht wenigstens noch einmal ihre Stimme hören? Ihre Mutter konnte wunderbar singen. Sie hatte damit ihr Geld verdient. In einem kleinen Theater am Rand der Stadt, in der Bronx (es heißt doch „die Bronx“?^^), hatte sie immer Konzerte gegeben und viele Menschen waren begeistert von ihr. Selbst die reichen Menschen, die sonst niemals dorthin gekommen wären, reisten an, um ihr zuzuhören. Sie war immer so fröhlich und aufgeweckt gewesen, hatte tausend Dinge auf einmal getan. Niemand hätte vermutet, dass hinter dieser Fassade eine kranke junge Frau steckte. Ruri selbst hatte es ja erst viel zu spät erfahren, als die Krankheit richtig ausgebrochen war. Eines Tages war ihre Mutter einfach nicht zu Hause gewesen. Soweit nichts Besonderes. „Dad, wo ist Mama?“, hatte sie gefragt. Sie war ja allein mit ihrem Vater, da durfte sie Japanisch reden. Ihre Mutter wurde immer wütend, wenn sie damit anfing. „Mama ist im Krankenhaus. Sie ist sehr krank, Ruri-chan.“ Ihr Vater wagte nicht, sie anzusehen. „Aber im Krankenhaus bekommt sie eine Medizin, die sie wieder gesund macht, oder?“, fragte sie flehentlich. „Nein, so einfach ist das nicht.“ Ihm standen schon Tränen in den Augen. „Ich möchte, dass du mir jetzt gut zuhörst, Ruri-chan.“ Sie schluckte und nickte. Auch wenn sie zu dem Zeitpunkt erst zehn Jahre alt gewesen war, so hatte sie trotzdem den Ernst der Lage verstanden. „Deine Mama wird vielleicht bald sterben.“ Er unterdrückte mühsam ein Schluchzen. „Was?“ Ruri konnte gar nicht weinen. Erst, als sie abends im Bett lag, konnte sie richtig registrieren, was mit ihrer Mutter passierte. Und da wurde sie auch wütend auf ihre Eltern. Wütend, dass sie ihr nichts davon erzählt hatten. Sie wollte nicht ins Krankenhaus. Sie wollte ihre Mutter nicht so krank sehen. Sie wollte sie als die schöne, aktive Frau in Erinnerung behalten, die sie vorher gewesen war. Aber das konnte sie ihr nicht antun. Das würde ja so aussehen, als ob sie ihre Mutter nicht lieb hätte. „Honey... come closer“, flüsterte ihre Mutter. ‚Warum spricht sie selbst jetzt noch Englisch? Liebt sie diese Sprache so sehr?’, dachte Ruri und trat näher an das Krankenbett heran. Tonnen von Karten und Blumen häuften sich auf dem kleinen Schränkchen. Fans, die von ihrer Krankheit erfahren hatten und ihr nun alles Gute wünschten. Die größte Blume war von ihrem Vater. Ruri hatte dazu eine Karte mit kleinen Herzen gemalt. „I think it’ll take a while until I come home. But I will. Okay?“ Sie zog Ruri an sich heran und drückte sie fest an sich. „I love you, Mommy,“ schluchzte sie. Ihre Mutter kam wieder nach Hause. Sie war schwach und viel magerer als früher, aber sie war wieder da. Trotzdem war nichts mehr wie früher. Ruri wusste jetzt, dass ihre Mutter sterben würde und sie bereitete sich heimlich schon darauf vor. Vielleicht würde es dann nicht ganz so schlimm werden. Aber es wäre viel einfacher gewesen, wenn ihre Eltern diese Krankheit nicht vor ihr geheim gehalten hätten. Oder sie irgendwie auf den Tod eines geliebten Menschen vorbereitet hätten. Sie hätten ihr ein Haustier schenken können. Haustiere sterben und damit lernt man wenigstens, damit umzugehen. (diesen Satz habe ich aus einem Film^^) Wenigstens bekam sie in der Schule jetzt ein wenig Mitleid, ein paar Mitschüler waren sogar ganz nett zu ihr. Selbst Chris flüsterte ihr einmal nach der Schule ein „Gute Besserung“ zu. Aber jetzt tröstete sie das auch nicht mehr. Ein paar Tage, bevor ihre Mutter starb, erzählte ihr Vater ihr alles über die Alice Academy. Er hatte lange darüber nachgedacht und sich dafür entschieden, dass es für Ruri besser sei, weg von dem ganzen Trubel zu ziehen. „Warum habt ihr mir davon nie etwas gesagt? Sind wir etwa deshalb nach Amerika gezogen? Damit ich nicht weg von euch muss?“, rief sie. Ihr Vater sah zu Boden. „Wir fanden, du würdest es einfach nicht begreifen. Immerhin warst du zu dem Zeitpunkt erst acht Jahre alt. Und wir wollten dich nicht weggeben. Es tut mir leid. Wir haben gar nicht über deine Gefühle nachgedacht. Es war egoistisch und du musst uns jetzt hassen.“ Sie schüttelte den Kopf. „Nein, ich hasse euch nicht dafür.“ „Aber wenn du auf dieser Schule wärest, dann gibt es so viele Kinder, die ein Alice haben. Dort würdest du dich viel wohler fühlen. Auch wenn du dann vielleicht nicht mehr viel Kontakt zu uns hättest. Meinst du nicht?“ Ihr Vater wusste es also. Er hatte es doch gewusst, wie unwohl sie sich in ihrer Klasse, in ihrer Schule, ihrer Stadt, in Amerika gefühlt hatte. Und trotzdem hatte er nichts getan. Aber es war nicht der Zeitpunkt, um wütend zu werden. Sie sagte ihrem Vater, sie wolle es sich überlegen. Ihre Mutter starb fünf Tage, nachdem sie von der Academy erfahren hatte. Ruri weinte sehr viel. Sie hatte ihre Mutter so geliebt. Sie war ihr die einzige richtige Freundin gewesen. Aber sie war immer noch bei ihr. In ihrem Herzen. Und im Himmel hatte sie es bestimmt schön. Sie passte von dort aus immer auf Ruri auf. Die Gedanken daran ließen sie nicht völlig verzweifeln. Nicht wie ihr Vater. Für ihn war das Leben vorüber. Er war nur noch ein Wrack, übler zugerichtet als die Titanic auf dem Grund des Atlantiks. Sie war nicht in der Lage, ihn zu trösten und er wollte auch nicht, dass sie weiter bei ihm blieb. Er hatte Angst, sie könnte von seiner Traurigkeit noch angesteckt werden. Deshalb sollte sie auf die Academy gehen. Ein glückliches, neues Leben anfangen. Sie war noch jung genug für einen Neuanfang. Er würde es nicht mehr schaffen. Sie sollte endlich Freunde finden. Freunde, die für sie wie eine Familie werden konnten. Und glücklich werden. „Kommst du, Ruri?“ Maron zog sie an der Hand hinter sich her. Sie machten an diesem Tag einen Ausflug zum Central Town. Es war eine Art Innenstadt auf dem Campus der Academy. Eine schöne Abwechslung von der Schule. In den Geschäften gab es so viel zu sehen. Ruri trennte sich schnell wieder von Maron, die zielsicher auf einen Scherzartikelladen zusteuerte. Sie hasste solche Dinge. Nachdem sie ein bisschen herumgelaufen war, hielt sie an einem Schmuckgeschäft an. Sie betrachtete die Ansammlung von Ketten, Armbändern, Uhren, Ohrringen und Ringen. „Schöner Schmuck, nicht wahr?“ Ruri drehte sich erschrocken um. „Luca!“ Sie hatte gar nicht darauf geachtet, dass er auch mitgefahren war. „Ja.“ Sie schaute verlegen zu Boden. Es würde lang dauern, bis sie den Kuss vergaß. Zur Ablenkung betrachtete sie weiter den Schmuck in der Auslage. Es war wirklich schöner Schmuck. Aber etwas Anderes als die Kette ihrer Mutter würde sie eh nie tragen. „Die Ohrringe würden gut zu deiner Kette passen.“ Luca zeigte auf ein Paar rosafarbener Ohrringe. „Ich habe keine Ohrlöcher“, antwortete Ruri. „Ich will auch keine.“ „Warum bist du so abweisend?“ „Bin ich doch gar nicht!“ Sie drehte sich weg. Eigentlich war er doch schuld, dass sie wieder so viel an früher denken musste. Wenn er nur nicht nach ihrer Mutter gefragt hätte... „Hab ich dir vielleicht was getan?“, fragte er. „Nein... doch. Ich weiß nicht.“ Sie fing langsam an, zu sagen, was sie gedacht hatte. Es ging viel leichter, als sie gedacht hatte. Sie sagte meistens nicht direkt, was sie dachte und antwortete lieber mit einer Gemeinheit, als ihre Gefühle preiszugeben. Aber bei Luca war es irgendwie anders. Schon von Anfang an hatte sie offen mit ihm geredet. Meistens zumindest. „Tut mir leid. Ich wusste es ja nicht“, antwortete, als sie geendet hatte. „Ich kann mir auch gar nicht vorstellen, wie es ist, seine Mutter zu verlieren. Es muss schrecklich sein. Ich will es mir gar nicht vorstellen.“ „Aber eigentlich macht es hier sowieso nicht mehr viel aus, ob die Eltern lebendig oder tot sind, oder?“ Ein paar Tränen liefen ihr über die Wangen. Sie hatte Luca immer noch den Rücken zugedreht, als konnte er es nicht sehen. „Naja... du hast wenigstens die Aussicht, sie irgendwann einmal wiederzusehen. Und sie können dir ja schreiben.“ „Du hast Glück.“ Eigentlich fühlte sie sich doch ziemlich wohl, während sie mit Luca redete. Er gab ihr fast das Gefühl, das man in einer glücklichen Familie hatte, genauso wie Maron. Vielleicht konnten Freunde die Familie ja wenigstens etwas ersetzen... Sie drehte sich um und lächelte ihn an. „Danke, Luca.“ „Wofür?“ Er sah ziemlich verwirrt aus. Was hatte er denn so Tolles getan? „Dass...“ Sie überlegte. „Dass du einfach nur da bist.“ Luca wurde rot. Sie schien ihn wirklich zu mögen. Und er mochte sie doch auch. Alles an ihr. Und trotzdem sah er nichts weiter in ihr, als eine Freundin. Eine sehr gute Freundin. Aber er würde sich nie in sie verlieben. Oder doch? --- Leukämie... nun ja... seit ich Nur mit Dir gesehen habe, lasse ich, wenn es denn unbedingt nötig ist, meine Figuren immer an Leukämie sterben... ganz tragisch usw. Naja^^ Kommis pls^^ Epilog: Kein Zurück ------------------- So, letztes Kapi^^ Tadaaaaa *g* Hintergrundmusik: Phantom der Oper Erkenntnisse: 1.Carlotta klingt, als ob sie bald stirbt 2.Raoul ist blöd 3.Das Lied am Spiegel ist eine Gänsehautszene 4.Raoul ist beschissen 5.Ich hatte Schiss bei dem lauten Schrei während Il Muto 6.Ich HASSE Raoul 7.Das Phantom ist sexy^^ *an doji denk* Joa... hab nen kleinen Zeitsprung gemacht^^ Aber ich glaube, das ändert net wirklich was^^ Und ich hab ewig lange gebraucht, um einen annähernd passende Textstelle zu finden ------------ „Nein, jetzt gibt es kein Zurück Zerbrich’ die Schranken Und lass die Welt der Zweifel hinter dir...“ – Phantom, Kein Zurück Drei Jahre... eine lange Zeit, aber für Ruri war sie so schnell vergangen. Es war nicht viel von Bedeutung passiert. Es wurde immer offensichtlicher, dass Mikan doch in Natsume verliebt war. Sie war jetzt nicht mehr das kleine naive Mädchen, das alles zum Thema Liebe leugnete. Sie war vierzehn, alt genug, um sich zu verlieben. Aber Natsume war so wie immer. Ein bisschen freundlicher vielleicht. Aber meistens war er so verschlossen wie eh und je. Er würde sich auch in hundert Jahren nicht verändern. Und Luca war zweifelsohne ihr allerbester Freund. Es war schwer zu sagen, wie ihre Beziehung denn nun aussah. Manchmal hatte sie den Eindruck, er würde sie gleich küssen, aber dann nahm er sie doch nur freundschaftlich in den Arm. Luca war nicht mehr in Mikan verliebt. Aus der kindlichen Verliebtheit in sie hatte sich nur eine gute Freundschaft entwickelt. Und aus der kindlichen Freundschaft mit Ruri? „Bald ist doch dieser Maskenball, weißt du noch?“, fragte er zögerlich, als die beiden allein das Klassenzimmer aufräumen mussten. Sie hatten dem Lehrer einen fiesen Streich gespielt und waren so dafür bestraft worden. „Ja?“ Ruri wischte mit einem feuchten Lappen einen Tisch ab. „Gehen wir zusammen hin?“ Er blickte sie fragend an. Sie dachte an das erste Fest zurück, das sie an der Alice Academy gefeiert hatte, das zweite, das sie am liebsten für immer aus ihrer Erinnerung gebannt hätte, die vielen anderen Feste, die es seitdem schon gegeben hatte. Sie hatte niemals wirklich einen festen Tanzpartner gehabt, auch wenn einige Jungen sie gefragt hatten. Sie mochte einfach niemanden von ihnen. „Warum nicht?“, beantwortete sie Lucas Frage. Gleichzeitig kratzte sie ein Kaugummi von einem Tisch ab. Das war ja vergleichbar mit einem Date. Sie hätte vor Freude in die Luft springen können. „Schön.“ Luca lächelte. Jetzt hatte er also wieder eine Verabredung mit Ruri. Nach drei Jahren. Aber seitdem hatten sich seine Gefühle so verändert. Wie sollte er ihr denn jetzt, wo sie eh keine Hoffnung mehr hatte, klar machen, dass er vielleicht doch in sie verliebt war? Sie würde sich doch ziemlich an der Nase herumgeführt fühlen. Ruri war sehr aufgeregt. Warum nur hatte Luca sie gefragt? Das musste doch eine Bedeutung haben. Jedenfalls hoffte sie ganz stark darauf. Sie fing langsam an, ihre Haare hochzustecken. Die blauen Schmetterlingsspangen von ihrem ersten Auftritt hatte sie immer noch. Aber für diese Frisur nahm sie lieber kleine grüne Blumen, die leicht bläulich schimmerten, je nachdem, wie das Licht darauf fiel. Sie passten auch viel besser zu der Maske. Jede Schülerin musste ein violettes Kleid tragen, aber die Masken durfte jede sich ganz individuell gestalten. Die Farbkombination, die Ruri trug, war seltsam, sah aber nicht schlecht aus. Um halb acht traf sie sich mit Luca vor der Festhalle. Seine Maske war ziemlich seltsam. „Du hast kein Händchen für’s Basteln“, stellte Ruri fest. „Danke, du siehst auch toll aus“, erwiderte Luca sarkastisch. Ruri lachte. „Danke.“ [Maskenball Kunterbunte Modenschau] Schon von draußen klang Musik nach draußen. Sie war anders als normale Festmusik. Irgendwie hatte sie einen älteren Klang. „Wollen wir nicht reingehen?“, fragte sie Luca, der keine Anstalten machte, sich zu bewegen. Er starrte sie unentwegt an. „Was ist? Seh ich etwa aus wie ein Alien?“ „Nein, nur... anders als sonst.“ Er hatte hübscher sagen wollen, aber sich nicht getraut. Schon seit Ewigkeiten hatte er nicht mehr darauf geachtet, wie sie aussah. Aber jetzt war es nicht zu übersehen, wie gut sie aussah. Alle Jungs drehten sich nach ihr um. Und Ruri gefiel das. [Maskenball Niemand ist der, für den ihn and’re halten] Sie war noch nie auf einem Maskenball gewesen. Ende des 19. Jahrhunderts wäre diese Art des Festes ausgestorben, hatte sie gedacht. Aber auf diese Academy war nun wirklich nichts unmöglich. „Hey, Ruri, Luca, habt ihr Natsume gesehen?“, fragte Mikan, die plötzlich neben ihnen aufgetaucht war. Sie trug die Haare jetzt nur noch selten zu zwei Zöpfen gebunden, aber auch nicht offen, so wie es die meisten bei ihr am hübschesten fanden. Meistens hatte sie einen Pferdeschwanz oder eine Flechtfrisur wie an diesem Tag. „Wisst ihr, wo Natsume ist?“ Sie blickte sich suchend um. „Nein, leider nicht. Wo ist denn Hotaru?“, fragte Ruri. Mikan hing immer noch genauso sehr an Hotaru wie früher. „Ich glaube, sie tanzt mit Hayate.“ Hayate war ein Schüler aus Natsumes Gefahrenklasse. Er hatte das Windalice. Mikan schien gar nicht glücklich darüber zu sein. Immerhin war Hayate viel älter als sie und außerdem hatte er ein gefährliches Alice. „Was? Wie kommt sie denn dazu?“ „Wahrscheinlich hat er sie bestochen, damit sie einmal mit ihm tanzt“, antwortete Luca und lachte. „Nein, ich glaube, eigentlich hat sie ihn wirklich ganz gern“, sagte Mikan und machte ein noch bedrückteres Gesicht. Aber andererseits war sie ja selbst mit einem gefährlichen Alice befreundet. „Ich geh dann mal weiter nach Natsume suchen“, verkündete sie und drängelte sich an den tanzenden Paaren vorbei. Schon hatte sie Natsume entdeckt, der mit einem Glas Bowle in der Hand neben einem Tisch stand. „Und was machen wir jetzt?“, fragte Luca Ruri unsicher. „Na was wohl? Wir gehen ihnen hinterher“, antwortete sie mit einem Augenzwinkern. „Ich weiß nicht, ich würde nicht gern belauscht werden.“ Er folgte Ruri, die schon auf dem Weg war, trotzdem. „Neugier siegt“, grinste Ruri. Sie liefen den beiden hinterher, über eine große Wiese. Plötzlich blieb Mikan stehen. „Schnell, darüber“, zischte Ruri und schubste Luca in ein Gebüsch. Sie setzte sich neben ihn und schob einen Zweig zur Seite, um besser sehen zu können. „Du kannst ganz schön brutal sein“, stellte Luca fest. „Sorry.“ Sie kicherte. „Du...“ „Pst!“ Schnell legte sie ihm die Hand auf den Mund. „Ich habe dir etwas Wichtiges zu sagen“, erklärte Mikan. Sie und Natsume standen nicht weit entfernt. „Ach ja?“ Natsume schaute sie nur spöttisch an. „Natsume... ich habe keine Ahnung, wo ich anfangen soll. Ich hätte nie gedacht, dass du überhaupt ein so wichtiger Freund für mich werden könntest. Hätte mir das jemand vor vier Jahren gesagt, dann hätte ich ihn vermutlich umgebracht.“ „Sind wir denn Freunde?“ „Lass mich doch erst mal ausreden! Jedenfalls kenne ich dich jetzt lang genug, um... eben zu wissen, wie du bist. Du bist... manchmal so anders, aber... trotzdem mag ich dich.“ „Das wolltest du mir sagen, Pünktchen?“ Sie schauten sich in die Augen. „Idiot.“ „Sie hat Angst, dass Natsume nicht in sie verliebt ist. Große Angst. Sonst hätte sie noch weiter geredet“, flüsterte Ruri leise. Sie rückte näher an Luca heran, damit sie nicht zu laut sprechen musste. Es war schon gemütlich, auch wenn sie überall Blätter und Zweige hatte. „Woher weißt du das?“, fragte Luca. Ruri hatte sich an ihn gelehnt, weil sie sonst ziemlich unbequem sitzen würde. Er konnte an ihrem Haar riechen. Rosenduft. „Na, das ist doch klar.“ Sie lächelte. Mikan nahm allen Mut zusammen. „Ich liebe dich, Natsume.“ Natsume zeigte keine Reaktion, woraufhin Mikan anfing zu weinen. „Warum heulst du, Mikan?“ „Du hast mich Mikan genannt.“ „Ja, und?“ „Du nennst mich sonst nie bei meinem richtigen Namen.“ „Heute eben schon. Also, warum heulst du?“ „Weil du nicht in mich verliebt bist“, schluchzte Mikan. „Wer sagt denn das?“ Natsume hatte einen ganz anderen Gesichtsausdruck auf dem Gesicht. Ruri hatte so eine Freundlichkeit noch nie bei ihm gesehen. Mikan fiel ihm um den Hals. „Ich hab echt gedacht, du willst mich immer nur ärgern. Ich hab gedacht, du hasst mich, egal, was ich tue.“ „Tja, falsch gedacht.“ Er lächelte. Tatsächlich! Natsume lächelte, und das musste ja wohl bedeuten, dass es stimmte, was er gesagt hatte. „Wie niedlich...“, flüsterte Ruri. „Hmm...“ Luca hatte gar nicht mehr richtig zugehört. Er mochte seinen besten Freund nicht bei so einer Sache belauschen. „Ihr beiden Turteltauben könnt jetzt auch aus dem Gebüsch kommen“, rief Natsume ihnen zu. Ruri und Luca wurden wie auf Knopfdruck knallrot. „Tut mir leid, Natsume... Dieses impertinente Mädchen...“ Luca zeigte auf Ruri. „... hat mich praktisch gezwungen, mitzukommen“, meinte er scherzhaft. „Duuu!“ Ruri boxte ihn zum Spaß gegen den Arm. „Tut uns leid, wir waren neugierig.“ Sie grinste und zog sich ein paar Blätter aus den Haaren. „Schon okay“, sagte Mikan schnell. „Wär ich wahrscheinlich auch gewesen.“ Sie sah richtig glücklich aus. „Jetzt haut aber ab“, ergänzte Natsume. „Ach, und Saeki?“ Er hielt sie am Ärmel fest. „Luca ist mir wichtig, okay? Also mach ihn gefälligst glücklich.“ (Hört sich an, wie als ob er heiraten würde *gg*) Sie nahm die Farbe ihrer Haare an und lief schnell weg, Luca hinterher. „Was meinte er damit?“, fragte sie ihn. Er bleib stehen. „Was denkst du denn?“ Sie schaute ihm lange in die Augen. „Naja, ich denke, dass du denkst, was ich denke, das du denkst, okay?“ Sie lachte. „Ich denke, das ist richtig.“ Luca lacht ebenfalls. „Hab ich dir schon gesagt, dass du sehr hübsch aussiehst?“, fragte er. „Hm... Danke.“ Sie strich sich eine Strähne hinters Ohr, die sich aus ihrer Frisur gelöst hatte. „Danke, Luca.“ Sie gab ihm einen Kuss auf die Wange. „Aber keinen Rückzug machen, in Ordnung?“, fragte sie, um auch ihre letzten Zweifel wegzuwischen. „Okay. Kein Zurück.“ Dann gingen sie zurück zum Fest. ---- So... mit den Worten meines Vaters: Bu Ende^^ Melde mich demnächst mit einem One-Shot wieder (der etwas komisch ist^^) Untertänigst, eure Samy^^ PS: Kommis pls^^ Und lest doch ma meine andere FF =( Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)